Shen ShiShen Shi

Vor mir liegt ShenShi aus dem Hause LudoArt und ich weiß auch nach längerer Beschäftigung mit dem Spiel nicht, was ich davon halten soll. Ich hoffe, dass mich während des Schreibens dieses Artikels irgendeine Form der Erkenntnis trifft.

HolzkisteShen Shi in seiner edlen, quadratischen, dunkelbraunen Holzkiste ist ein Genuss für die Augen. Was sollte man bei LudoArt, wenn ein Spiel von Czarnè gestaltet wird, auch anderes erwarten? Schließlich steckt im Verlagsnamen das Wort 'Kunst'. Zum Spielmaterial gehören, plastische Figuren von meditierenden Mönchen aus Metall, Schwebekissen aus vernähtem, Leder ähnlichem Material, und schöne schwarze Säcken zur Aufbewahrung. Aber dann auch ein ganz gewöhnliches Spielbrett, Plättchen und Siegpunktmarker aus Pappe. Wie passt das zusammen? Dann wiederum kommt etwas Außergewöhnliches zu Tage. Nämlich eine CD von Erdenstein (www.erdenstein.com), ein Soundtrack sozusagen, der das fernöstliche Thema aufgreift. Das Regelheft übrigens ist als Booklet in die CD-Hülle eingeklebt. Wiederum nette Idee. Und ein Räucherkegel, ein Utensil, das mir, soweit ich mich erinnern kann, in einem Spiel noch nicht begegnet ist. Einige Tracks auf der CE könnten auch gut als Hintergrundmusik in einem China-Restaurant Verwendung finden, am liebsten aber würde man sich zusammen mit dem Räucherkegel auf ein Sofa verziehen und der Muße hingeben.

GroßmeisterAber nein, wir wollen ja spielen. Der 7x7 Felder große Spielplan stellt eine Tempelhalle dar. Die Grafik hilf aber leider nicht, diesen Bezug auch herzustellen. Acht Felder sind besonders gekennzeichnet. Diese werden zufällig mit Mandalas und Schwebekissen belegt. Intakte Mandalas dürfen nie betreten werden und dienen somit als blockierende Felder, hinter denen man sich gegebenenfalls 'verstecken' kann. Kaputte Mandalas dürfen zwar betreten werden, dienen aber auch als feststehende Blockade für die Schwebekissen. Diese gibt es in zwei auch farblichen Ausführungen. Normal, d.h. schweben bis zum nächsten Hindernis und Aufgewertet, zusätzlich eine Schleife schweben, also an der einen Seite raus an der anderen wieder rein und zusätzlich eventuell noch ein normales Kissen vor sich herschiebend. Jeder Mitspieler besitzt zwei Mönche, einen (kleinen) Meister und einen (größeren) Großmeister. Bei weniger als vier Mitspielern kommen noch zwei neutrale Meister dazu. Die Spielzüge (Aktionen) sind einfach. Entweder ein oder zwei Schritte gehen, wobei wie schon erwähnt intakte Mandalas und nackte Tempelfelder nie betreten werden dürfen. Oder schweben. Dies ist immer möglich, da beim Einsetzen, das wie gehen zählt, ein Mönch schon auf einem Kissen sitzt. Ebenso als Gehen zählt, ein Mönchswechsel über beliebig viele, freie, begehbare Felder hinweg.

Wer am Zug ist, hat drei Aktionen zur Verfügung. Diese müssen auf mindestens einen Meister (neutral, wenn vorhanden, oder eigen) und mindestens einen Großmeister verteilt werden, aber pro Mönch jede Art der Aktion nur einmal. Ziel ist, gegnerische (nicht neutrale) Mönche in der Meditation abzulösen, oder profan ausgedrückt zu schlagen. Das schafft allerdings nur ein Meister bei einem Großmeister bzw. umgekehrt.

Es gilt also, seine Mönche so geschickt zu platzieren und zu bewegen, dass es zu einem Schlagen kommen kann. Sei es, dass man überraschend von weit entfernt, vielleicht sogar um die Ecke heranschwebt. Sei es, dass man durch einen Mönchswechsel in eine gute Position kommt. Ideal wäre z.B. so was wie einen Mönchswechsel vornehmen, dann schweben und schließlich gehend schlagen. Oft aber kommt oder traut (s.u.) man nicht an anderen Mönch heran. Daher sammeln sich dann sehr schnell die Meister in einer Ecke der Tempelhalle, während sich die Großmeister in einer anderen herumtreiben. Und sollte dann tatsächlich ein Mönch mal schlagen, muss man sich bewusst sein, dass genau er das nächste Opfer sein wird, denn aufgrund der Zugbeschränkungen ist eine 'Flucht' ja nahezu unmöglich. Wer einen geschlagenen Mönch erst wieder einsetzen muss, verliert ein Tempo und kommt nicht so schnell wieder in eine gute Position. Das lässt ängstliche Naturen eher zurückhaltend agieren. Kann das ein spannendes und kurzweiliges Spiel ergeben?

SpielplanDas gerade Gesagte gilt insbesondere für eine Partie zu zweit. Wer einmal geschlagen wurde, ist permanent in die Defensive gedrängt. Das kann echt frustrierend werden. Und das wird auch nicht anders in der, man ist geneigt zu sagen selbstverständlich vorhandenen Expertenversion, hier genannt 'Der wahre Meister'. Hauptänderungen sind, dass ein Mönch auch alle drei Aktionen ausführen darf, aber zum Schluss nur schweben und damit nicht schlagen. Sowie, dass die normalen Kissen einmal um 90Grad abbiegen dürfen, was sie damit dann stärker macht als die sonst aufgewerteten Kissen. Seltsam. Wer eine solche Partie beginnt, platziert z.B. die beiden Meister so, dass sie (fast) die gesamte Tempelhalle überstreichen. Mit dem Wissen, dass man dann oder in der nächsten Runde keinen sicheren Platz für seinen Großmeister finden kann, sinkt die Motivation zu spielen ziemlich schnell.

Natürlich ist ShenShi ein klassisches, abstraktes Spiel. Aber auch bei mir, der ich eigentlich solche Spiele mag, wollte der Funke nicht überspringen. Insgesamt möchte ich es mit dem Spruch eines typischen Rheinländers halten. 'Ich weiß nich.' ShenShi ist bereits zur Spiel '09 vorgestellt worden, war aber erst in diesem Frühjahr verfügbar. Auf der Spiel '10 in Essen kann das Erstlingswerk von Autor Andreas Schmidt sicherlich auch ausprobiert werden. (mw)

Steckbrief
Shen Shi
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Andreas Schmidt LudoArt 2 - 4 Spieler ab 10 Jahre 30 - 45 Minuten Czarnè