Maya

Bei der Veröffentlichung eines Erstlingswerks ist es sicherlich nicht von Nachteil, sich in einem bekannten, beliebten und akzeptierten Themenspektrum zu bedienen. So müssen, wie schon oft zuvor, die mittelamerikanischen Hochkulturen dafür herhalten, um den Hintergrund für ein Spiel zu liefern. Die Maya-Kultur befindet sich in ihrer Blütezeit. Gewaltige Pyramiden wie Tikal (da war doch schon mal was), Copan oder Chichen Itza entstehen. Und wir sind als Bauherrn mittendrin, müssen zudem die Beschaffung und den Transport des Baumaterials organisieren und ständig die Konkurrenten bei ihrem Tun und Treiben im Auge behalten.

Je nach Spieleranzahl werden unterschiedlich große und hohe Pyramidenbauplätze sowie unterschiedlich viele und ergiebige Steinbrüche ausgelegt. Es hat sich in den Testrunden gezeigt, dass dadurch ein stets ausgewogenes Spiel möglich ist. Es ist also nicht so, dass bei nur drei Bauherrn mehr Platz zur Verfügung steht und das Vorgehen eventuell leichter würde. Da haben sich der Autor, der Verlag und die Testspieler lobenswerterweise eine ganze Menge Mühe gemacht.

Die in der Stärke identischen acht Arbeiterkolonnen eines Bauherrn sind in zwei Gruppen aufgeteilt. Die vier kleinen mit drei bis fünf Arbeitern und die drei großen mit sechs bis acht sowie die, ich will sie mal Sabotagekolonne nennen. Diese schafft es, drei Arbeiter eines Konkurrenten aus dem Steinbruch wegzulocken, wahrscheinlich mit den unwiderstehlichen Reizen indianischer Schönheiten. Auch gab es anscheinend damals schon so etwas wie Werkspionage, denn die großen Kolonnen sind durch die Kartenrückseite als solche zu erkennen.

In der ersten Phase einer Runde, insgesamt werden drei gespielt, müssen also die Arbeiter zunächst zur Beschaffung des Baumaterials in die Steinbrüche geschickt werden. Baumaterial wird immer nach dem Mehrheitsprinzip verteilt bzw. bei Gleichheit nach dem Motto 'first come, first serve'. Wer also mehr oder früher Arbeiter geschickt hat und diese tatsächlich auch die schwere Arbeit leisten (s.o.), bekommt mehr Steine (kleine Holzwürfel). Das können je nach Steinbruch zwei Steine aber auch vier für den Ersten sein. Der mit den dritt meisten Arbeitern bekommt vielleicht noch einen ab, in den meisten Steinbrüchen aber gar keinen mehr. Manchmal können sechs Kolonnen gleichzeitig arbeiten, in anderen Steinbrüchen maximal vier. Und für die Wahl der Steinbrüche, in denen man sich engagieren will, ist auch noch ein anderer Aspekt wichtig. Der Erfolgreichste bekommt noch eine interessante Sondereigenschaft zugesprochen, dazu später mehr.

Nun könnte man also denken: Dann los, alle Arbeiter ab in die Steinbrüche. Weit gefehlt! Denn für den Transport der Steine zu den Pyramiden werden auch Arbeiter gebraucht (ein Arbeiter bewegt einen Stein). Und hier tut sich ein großes Dilemma auf. Soll man viele Arbeiter zurückhalten? Dann aber werden wohl wenig Steine gewonnen und die meisten Transporteure stehen dumm herum. Die Alternative, viele Steine zu gewinnen und sie dann leider zurücklassen zu müssen, ist auch nicht wirklich besser. Einzig die Konkurrenten hat man damit vielleicht geschadet.

Sind die Steine schließlich bei den Pyramiden angekommen, werden sie reihum einzeln verbaut. Ziel ist es dabei, in den einzelnen, auch nicht vollständig belegten Ebenen wieder Mehrheiten zu erreichen, um das meiste Gold als Lohn abzukassieren. Jeweils der oder die mit den meisten bzw. zweit meisten Steinen bekommt Lohn. Bei unentschiedenen Mehrheitsverhältnissen wird nämlich gegebenenfalls mehrmals, im Extremfall für alle Bauherren, Gold verteilt. Aber, und das ist in zweierlei Hinsicht ganz wichtig, alle die kassieren, verlieren einen Stein, somit sind andere Mehrheitsverhältnisse in der nächsten Runde fast garantiert.

In der Bauphase sind mit Blick auf die Wertung die meisten taktischen Entscheidungen zu treffen, auch bedingt durch einige verzwickte Bauregeln. So darf an einer höheren Ebene nicht gebaut werden, bevor nicht die untere komplett in allen (!) Pyramiden gebaut ist. Einzige Ausnahme ist ein Bonusstein aus dem allgemeinen Vorrat, der in die höhere Ebene gesetzt werden darf, wenn der letzte Stein in der unteren Ebene gesetzt wurde. Manchmal ist man mit diesem Bonusstein dann alleine vertreten und kassiert den vollen Lohn. Gerne wird zum Erreichen dieses Ziels der einmal pro Runde einsetzbare Doppelzug verwendet. Er kostet zwar einen Stein, aber bringt eventuell viel Gold. Also nur nicht den Konkurrenten den drittletzten Stein hinlegen. Oft wird man aber dazu gezwungen, denn erst muss ja eine untere Ebene verbaut werden und dann darf man in einer höheren Ebene nicht bauen, wenn man in der unteren nicht vertreten ist. Wenn man doch beim Bauen nur mal passen könnte. Das ist sogar tatsächlich möglich, mit einer Sondereigenschaft, gewonnen in Phase 1 im Steinbruch. Andere attraktive sind z.B. der kostenlose Doppelzug, die Möglichkeit einen zusätzlichen Stein zuallererst setzen zu dürfen oder den Startspieler bestimmen zu können. Da wird man sich vielleicht denjenigen mit den meisten Steinen aussuchen, damit er am Ende nicht zu sehr freies Spiel hat oder sich selbst, um gleich mit einem Doppelzug einen Bonusstein zu kassieren.

Bei unseren Testrunden haben wir uns gefragt, wie MAYA eigentlich einzuordnen ist. Ist es ein Versteigerungsspiel wegen der Steinbrüche, ein Denkspiel in der Bauphase, ein Bauspiel per se, ein Merkspiel (wo lag welche Arbeiterkolonne ?) oder ein Ärgerspiel? Jetzt habe ich schon 13 Arbeiter in den größten Steinbruch geschickt und dann ist es doch einer zu wenig. Das Schöne ist, MAYA hat von allem etwas. Und dabei ziemlich verzwickt, weil so viele Sachen zu beachten und zu bedenken sind. MAYA funktioniert wunderbar und wäre sicherlich zu höherem berufen, wenn da nicht die eine große Schwäche wäre, die Wertung. Sie gestaltet sich langatmig und kompliziert. Für jeden ausgezahlten Lohn muss ja ein Baustein entfernt werden. Das ist für das Spiel von Vorteil, aber für die Abrechnung von Nachteil. Versucht man, alle Ebenen einer Pyramide für einen Spieler in einem Durchgang zu werten, müssen ja die Steine zunächst liegen bleiben, um weiter vergleichen zu können. Erst nachher werden sie abgeräumt. Das erschien vielen Testspielern zu kompliziert, weswegen sie lieber jede Ebene einzeln abrechnen. Dann aber hantiert man viel mit dem Gold, bekommt hier drei, da ein Goldstück, muss dann wechseln usw. Mir hat das nicht so gefallen, wohingegen das Spiel echt klasse ist. Es wird daher sicherlich öfter auf den Spieltisch kommen und den Namen des Autors in der Spieleszene bekannt machen. Die Spielregel ist klar strukturiert und lässt keine Frage offen. Allerdings ist die angegebene Spieldauer von 60 Minuten wohl nur ein Durchschnittswert, denn abhängig von der Spieleranzahl variiert sie doch sehr stark. Drei sind nach ca. 45 Minuten fertig, fünf brauchen doch um die 75 Minuten.

Zwei Sachen möchte ich zum Schluss noch erwähnen. MAYA hat 2002 unter dem Titel "Herrscher der Anden" den ersten Platz beim vielbeachteten Hippodice-Spieleautoren-Wettbewerb belegt, was ja auch eindeutig für die Qualität des Spiel spricht. Und die Regel sieht noch eine Profivariante vor, bei der vorab jede Runde weitere Sondereigenschaften versteigert werden, die noch etwas mehr Pep ins Spiel bringen können. (mw)

Steckbrief
Maya
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Bernd Eisenstein Abacusspiele 3 - 5 Spieler ab 8 Jahre 45 - 75 Minuten Christof Tisch