Captain Future is back. Captain Future war einer meiner ersten großen Helden. Aber er war nicht, wie man vermuten könnte, eine Comicfigur, sondern der Eroberer der Planeten im gleichnamigen Spiel von Wolfgang Kramer aus dem Jahre 1980. Ja, mit Captain Future verbinden mich einige Erinnerungen, war es doch eines der ersten Spiele, das ich kennen lernte. Dort musste man durch Ausspielen von Karten, die eine Koordinate im Weltraum bestimmten, Raumschiffe auf großen und kleinen Planeten und noch kleineren Monden landen, um Mehrheiten zu erzielen und bestenfalls den ganzen Himmelskörper zu besetzen.
War Wolfgang Kramer in der Vergangenheit mit Captain Future in der Zukunft, bewegt er sich in der Gegenwart mit Origo in der Vergangenheit. Spielt sich doch nun alles zur Zeit der Völkerwanderung im mittleren Europa ab. Die Planeten sind 'Ländern' wie Germanien, Helvetien oder Dalmatien gewichen, die Raumschiffe Völker, symbolisiert durch Schildplättchen. Karten gibt es auch, die bestimmen eine oder mehrere Spalten bzw. Zeilen, oder ein Land, oder stellen ein Schiff dar, das natürlich nur im Wasser platziert werden darf oder sind mit Bevölkerung bezeichnet, womit ein Schild auf ein freies Feld orthogonal neben ein bereits liegendes Schild gelegt werden darf.
Mit den Karten, zehn Stück hat man auf der Hand, gilt es primär, die zwölf Länder zu gründen, was anfangs nur drei, zum Schluss hin sechs oder sieben Punkte einbringt. Ein Land wird von demjenigen gegründet, der erstmalig das letzte freie Feld belegt. Nach jeweils vier Gründungen kommt es dann zu einer Wertung, mit der weitere Punkte erzielt werden können. Für die fünf größten Clans, das sind zusammenhängende Schildgruppen über Ländergrenzen und Küstenstreifen hinweg, für die größte Seemacht und Schiffe überhaupt, und bei der Länderwertung, bei der jedes Land entsprechend der aktuellen Mehrheitsverhältnissen Punkte bringt. Ein großes wie Gallien im Verhältnis 4/2/1, ein kleines Belgien nur 2/1/1, wobei Pattsituationen immer den nächst niedrigeren Platz zur Folge haben. Vollständig okkupierte Länder dagegen bringen einen Bonus von zwei Punkten.
Origo wäre ziemlich langweilig und Wolfgang Kramer nicht würdig, ginge es einfach nur darum Schilde ablegen. Nein, ein paar taktische Möglichkeiten stehen noch zur Verfügung. Zum einen die Wanderung, bei der ein Schild von einem Landfeld über andere (eigene) Schilde hinweg zum neuen Bestimmungsort, der auch im Wasser liegen kann, gezogen wird. Wanderungen von Skandinavien nach Italien sind also durchaus drin. Zum zweiten das Segeln, bei dem alle Schiffe, wie gerade beschrieben, gezogen werden können. Mit der Wanderung alleine ist ein Land mit drei leeren Feldern schon gründungsgefährdet, kommt dann das Segeln noch dazu, auch schon bei mehr Feldern. Allerdings wird man am Anfang kaum eine Seemacht aufbauen, während die Gegenspieler fleißig Schilde in Länder setzen, dann käme man beim Gründen und vor allem der Länderwertung doch sehr ins Hintertreffen. Wie man überhaupt feststellen muss, dass eine Erfolg versprechende Taktik die ist, mit möglichst wenig Einsatz(kräften) möglichst viele Punkte zu machen. Seemacht ist was für später, als Drohszenario.
Noch nicht erwähnt habe ich den Angriff, der gegen ein Schild in einem bereits gegründeten Land geführt werden kann. Dazu muss eine entsprechende Karte gelegt werden (Angriffswert zwei Punkte), die zu den angreifenden, benachbart liegenden Schilden dazugezählt wird. Der Verteidiger verfährt ähnlich, dann kann wieder der Angreifer eine passende Karte legen usw. bis einer passt. Gegebenenfalls, wenn der Angreifer mehr Kampfstärke aufweisen konnte, wird das Schild ausgetaucht. Natürlich ist ein Angriff nichts für den Beginn einer Partie, ja ganze Partien kommen ohne einen einzigen Angriff aus. Ich denke aber, er wird etwas unterschätzt. Denn man verliert eigentlich nichts dabei. Einen Angriff wird man nur ausführen, wenn man entsprechend viele Angriffskarten hat und die eingesetzten Karten bekommt man beim Nachziehen wieder zurück. Ein erfolgreicher Angriff verändert aber das Verhältnis der Anzahl der Schilde, baut oder sichert einen Großen Clan oder zerstört vielleicht einen des Gegners. Aber er trägt natürlich direkt nichts zur Gründung eines neuen Landes bei.
Wer also an der Reihe ist, kann zwei Aktionen aus Legen und Angriff machen, dazu wandern und Segeln. Oder anders herum, denn alles ist frei kombinierbar. So kann z.B. zunächst in der irischen See ein Schild (Schiff) eingesetzt werden, das dann nach Helvetien 'segelt', um von dort nach Polen zu wandern. Und anschließend gibt es einen Kampf in Spanien, dessen erfolgreicher Ausgang die Mittelmeerflotte zur Invasion einlädt. Diese Zugvariationen zusammen mit den zehn Karten, unter denen man immer eine findet, die sich gut einsetzen lässt, macht den Reiz von Origo aus. Da hebt sich das Spiel deutlich von Captain Future ab, bei dem man eigentlich nur stur die Planeten besetzen konnte, aufgelockert einzig durch einige Aktionskarten. Mein Beispiel zeigt auch hoffentlich auf, dass das Pendel bei Origo weit mehr zur strategischen Seite ausschlägt, dass also die Glückskomponente als eher gering anzusetzen ist. Das kann sich allerdings in einer Partie zu fünft durchaus ändern, wenn sich mehrere in derselben Region engagieren und man dann gegebenenfalls in die Röhre schaut. Deswegen würde ich das nicht unbedingt empfehlen.
Captain Future hat mir für damalige Verhältnisse ausnehmend gut gefallen, Origo aber ist das bessere und anspruchsvollere Spiel, das steht außer Frage. Doch die Spielewelt hat sich seit 1980 grundlegend gewandelt und so wird Origo es dennoch schwer haben, sich gegen die vielen wunderbaren Spielideen in der heutigen Zeit in Szene zu setzen. Wer aber Mehrheitenspiele mag, bei denen die Glückskomponente kaum eine Rolle spielt ist mit Origo sehr gut bedient. Wenn die Gelegenheit zu einer Probepartie besteht, sollte man sie auf jeden Fall wahrnehmen.
Zum Schluss möchte ich noch erwähnen, dass die Spielidee von Captain Future noch in einem weiteren Spiel aufgegriffen wurde, bei Wildlife, erschienen bei Clementoni. Wildlife ist im Vergleich bedeutend komplexer angelegt als Origo. Aber dennoch muss das aktuelle Spiel den Vergleich nicht scheuen. (mw)
Steckbrief Origo |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Wolfgang Kramer | Parker | 2 - 5 Spieler | ab 10 Jahre | 45 - 60 Minuten | keine Angabe |