John Silver, die berüchtigte Piratenkapitän aus R.L. Stevensons Roman „Die Schatzinsel“ musste als Namensgeber für das neue Kartenlegespiel aus dem Verlag eggertspiele herhalten. Natürlich geht es hier um Goldmünzen. Aber auch um schwarze Flecken, ganz allgemein negative Makel, die einer Person angehängt werden können. Und um Äpfel. Nun liegt mein Lesen der Schatzinsel schon etwas zurück, so dass ich nicht mehr sagen kann, ob darin Äpfel eine entscheidende Rolle gespielt haben, hier tun sie es jedenfalls.
Egal, ob sich zwei, drei oder vier Schatzjäger beteiligen, es liegen immer die vier im Spiel vorhandenen Charaktere nebeneinander auf dem Spieltisch. Jeder bekommt einen zugeteilt, eventuell bleibt einer frei (zu dritt) oder man bekommt sogar zwei (zu zweit). Links unterhalb der Charaktere werden drei Symbolkarten (Piraten - beige, Schiffe - blau, Schatztruhen - grün) gelegt, so dass sich eine Matrix zum Ablegen der Karten ergibt. Symbolkarten in die entsprechende Reihen in die Spalten unterhalb der Charaktere. Damit ist schon gesagt, dass es drei Arten (Farben) von Spielkarten gibt, jeweils in den Werten 1 bis 13 sowie noch fünf Joker mit den Werten 5 ½ bis 9 ½. Die Joker sind kurios gestaltet. Sie sind dreifarbig (gut), aber längs geteilt (schlecht). Wenn man die Kartenhand normal auffächert, sieht man nur eine Farbe und der Joker ist nur noch an der halben Zahl erkennbar. Warum hat man nicht ein quer geteiltes Design gewählt?
Ein Spielzug ist einfach. Man legt einer seiner sechs Handkarten in die Matrix, in der Reihe passend, in der Spalte, also zu einem Charakter, beliebig. Immer, wenn eine Reihe nach dem Spielzug komplett belegt ist, kommt es zu einer Wertung. Und die ist ganz trickreich und drückt dem Spiel seinen Stempel auf. Zunächst einmal wird die Karte mit der zweithöchsten Zahl zur Karte mit der höchsten Zahl gelegt, die zweitniedrigste Karte wandert zur niedrigsten. Die beiden Spieler, in deren Spalten jetzt Karten liegen, nehmen die Karten an sich.
Und was zählt am Ende? Die schwarzen Flecken bringen Minuspunkte, die Goldmünzen je einen Pluspunkt, ebenso wie die Äpfel, dies aber für den linken (!) Nachbarn. Hoppla!!! Tatsächlich, alle Karten mit Äpfeln werden am Ende aussortiert und dem linken Nachbarn gegeben. Hört sich komisch an und ist es irgendwie auch. Äpfelkarten haben noch eine zweite bemerkenswerte Bedeutung. Wird eine solche gespielt, darf eine andere, bereits liegende Karte, aber keine Apfelkarte statt der Nachzugskarte aufgenommen werden. Damit kann die Situation in der betroffenen Reihe ganz schön durcheinander gewirbelt werden.
Womit elegant der Übergang zur Analyse des Spiels gefunden wäre. Obwohl ja eigentlich nur eine Karte in die Matrix gelegt werden muss, wird doch teilweise lange über den Spielzug gegrübelt. Schließlich gilt es mehrere Parameter in Einklang zu bringen. Wie kann ich schwarze Punkte vermeiden bzw. den Konkurrenten anhängen? Wie schaffe ich viele Äpfel zum rechten(!) Nachbarn? Wie kann ich selbst günstig Goldmünzen einsacken? Was für Karten stehen mir zur Verfügung und welche freien Plätze? Schließlich tut der Wertungsmodus ein Übriges. Eine gespielte 10 mag ganz andere Auswirkungen haben als z.B. eine 8. Wenn schon so viel gegrübelt wird, kann man dann das Spiel auch zu seinem Vorteil beeinflussen? Diese Frage würde ich mit einem klaren Jein beantworten, wobei das Pendel eher zu Nein ausschlägt. Eine wirkliche Einflussmöglichkeit hat man nur dann, wenn man eine Reihe voll machen kann, vorausgesetzt man besitzt die passenden Karten. Eingeschränkt Einfluss ausüben kann man auch noch mit den Endkarten 1 bzw. 13, da sie vermeintlich einen Spieler mit Karten bestimmen. Das ist mit einer 2 oder 12 bei weitem nicht mehr so sicher. Vorausgesetzt aber, die Endkarten werden nicht mit einer Apfelkarte entfernt. Apfelkarten suggerieren zumindest eine kurzfristige Einflussmöglichkeit, was sich aber mittelfristig daraus entwickelt, ist unklar. Die Reihe kann genauso gewertet werden wie vorher oder es ergibt sich ein total anderes, dann vielleicht ebenfalls ungünstiges Ergebnis.
John Silver hat mir anfangs sehr viel Spaß gemacht. Aber mit zunehmender Zahl der durchgeführten Spiele hat dieses positive Gefühl durch die Erkenntnis, dass die Einflussmöglichkeiten bei der Kartenablage eher gering sind, immer mehr abgenommen. Schade eigentlich, hat doch Peter Eggert schon einige interessante Spiele, z.B. zuletzt in Essen Antike, herausgebracht. John Silver gehört leider nicht dazu. (mw)
Steckbrief John Silver |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Martin Schlegel | eggertspiele | 2 - 4 Spieler | ab 8 Jahre | 15 - 30 Minuten | Malte Olbertz |