Das Autorenduo Wolfgang Kramer und Michael Kiesling hat uns in den letzten Jahren mit einigen interessanten Spielen wie Torres, Raja oder Verflixxt! beglückt. Auch im vergangenen Jahr haben sie sich zusammengetan und herausgekommen ist dabei Bison, erschienen bei Phalanx Games. Wie der Titel schon vermuten lässt, entführt uns das Spiel in die Weiten der amerikanischen Prärie. Bisons ziehen durch die grünen, saftigen Ebenen, Truthähne balzen in den Ausläufern der Gebirge, Fische tummeln sich im klaren Wasser. Die Häuptlinge der Indianerstämme versuchen, sich die besten Jagdgründe zu sichern, um mit den Tieren weitere Gebiete zu besiedeln oder sie auf den Markt gegen neue Zelte und Kanus einzutauschen. Am Ende gewinnt, wer die Jagdgründe mit den meisten Tieren in Besitz nehmen konnte.
Bis zu vier Häuptlinge können am Wettkampf teilnehmen. Sie sind mit einem Grundstock von vier Gefolgsleuten, einem Einer- und Zweier-Zelt, sowie einem Einer- und Zweier-Kanu, dieses kann, wie man es erwartet, zwei Indianer aufnehmen und je zehn Tieren ausgestattet. Weitere Zelte und Kanus, auch größere sowie Gefolgsleute liegen bereit, müssen aber erworben werden. Die Anzahl der Tiere wird auf einem Tableau festgehalten, auf dem auch die Markt- und Aktionskosten verzeichnet und die möglichen Aktionen dargestellt sind.
Sechs verschiedene Aktionen gibt es, von denen man während einer Runde vier auswählen darf, jede jedoch nur einmal, was durch Belegen des Aktionssymbol mit einen weißen Aktionsstein gekennzeichnet wird. Na, ja, eigentlich nur drei, denn das Auslegen einer weiteren Landschaftskarte ist eine Pflichtaktion. Landschaftskarten sind verkappte Sechsecke, wenn sie auch durch eine andere Gestaltung nicht so aussehen. Sie zeigen immer die drei Landschaftsfelder Fluss, Ebene und Berg, aber welchen Umfang sie einnehmen ist zufällig. Auch sind immer drei Tiere vertreten, hier ist die Verteilung zufällig. Mal sind es drei Truthähne, die sich immer nur in den Bergen aufhalten, mal zwei Fische und ein Bison. Zwei weitere Aktionen betreffen das Bauen bzw. Aufrüsten von Kanus und Zelten. Mit den restlichen drei können Indianer bewegt werden.
Und wie kommen die ins Spiel? Bei den Aktionen sind verständlicherweise immer Indianer beteiligt. Auch so beim Legen einer Landschaft, denn damit und nur damit werden sie ins Spiel gebracht. Die Indianerbeteiligung ist pfiffig geregelt. Je mehr eine Aktion durchführen, desto mehr Tiere müssen aufgewendet werden. Einen Indianer an einer Aktion zu beteiligen ist kostenlos, zwei kosten zwei Tiere, fünf dann schon zehn. Es ist immer ein Spagat zwischen, wie viel Indianer brauche ich bzw. muss ich bewegen und was kann ich mir leisten. Na gut, mag man vielleicht denken, dann baue ich diese Runde nur ein Einerzelt und rüste es erst in der nächsten Runde zu einem Zweier auf. Richtig, beides wäre kostenlos, aber andererseits dauert es eine Runde länger und verbraucht eine der wertvollen Aktionen mehr. Ob sich das dann noch rechnet?
Nachdem jeder seine vier Aktionen gemacht hat, kommt es zur Wertung. Die Mehrheit in einem sich inzwischen ergebenen Gebiet zählt. Nur die Mehrheit? Nein, auch die Hierarchie. Einer-Zelte sind mehr wert als simple Indianer, Zweier-Zelte mehr als Einer. Ja, sogar schlimmer noch. Ein Einer-Zelt ist sogar mehr wert als beliebig viele Indianer usw. Was die Frage aus dem letzten Abschnitt noch bedeutungsvoller macht. Derjenige mit der Mehrheit erhält alle Tiere des Gebiets gutgeschrieben, der Zweite noch die Hälfte, alle anderen so viele wie sich in den besetzten Feldern aufhalten. Ja richtig, in jedem Landschaftsfeld einer Karte darf sich nur Gefolgschaft oder Eigentum eines Häuptlings aufhalten. Das kann dann sogar soweit gehen, dass der Dritte mehr Tiere erhält als der Zweite.
Dies zeigt auf, dass es natürlich wichtig ist, der Startspieler einer Runde zu sein, um schnell seine Indianer einsetzen und die wichtigen Felder besetzen zu können. Aber das verschiebt sich zum Schluss hin, wo es viel bedeutender ist, spät seine Aktion zu machen, um überraschend noch Mehrheiten zu ändern. So kann z.B. ein über mehrere Runden harmlos erscheinendes Einer-Zelt in einem großen Gebiet plötzlich zum Matchwinner werden, weil viele Indianer in einem Feld zum Bau eines Vierer-Zeltes zusammengezogen werden und die Gegner nicht mehr reagieren können, da sie schon an anderer Stelle gebaut haben.
Auch wenn Bison nicht der große Überflieger ist, so zähle ich es dennoch zu den besseren Spielen, die mir seit Nürnberg in die Finger gekommen sind. Der einzige Einfluss des Zufalls beim Ziehen der Landschaftskarte ist in keinster Weise Spiel bestimmend. Die Entscheidung wohin und wie gedreht die Karte abgelegt wird und wie viele Indianer sie bevölkern sollen, hat viel mehr Bedeutung. Auch, weil großartige Verschiebungen der Indianer nicht möglich sind. Die Bewegung in ein anderes Gebiet, aber auch die auf eine andere Landschaftsplatte desselben Gebiets kostet jeweils einen Bewegungspunkt. Dennoch ergeben sich genug Konfliktgebiete, so dass nicht jeder vor sich hin spielt, sondern ausreichend Interaktion im Spiel ist. Und für mich ganz wichtig, die Fehler mache ich ganz alleine.
Nach so viel Positivem nun aber auch etwas Kritik. Das Material, insbesondere für die Zelte und Kanus ist mir zu mickrig. Die äußerst schmalen Kanupappplättchen, gut ein Fluss ist nicht breit, mit der Darstellung des Kanus auf blauem Wasser verschwinden regelrecht im Spielbrett. Da wäre mir etwas Dreidimensionales wie mit den Holzwürfeln als Indianer lieber gewesen und hätte der Übersicht sicher gut getan. Ja, aber ich höre schon, die Kosten. Den positiven Gesamteindruck kann das Material dennoch nicht trüben. Bison wird sicher des Öfteren hervorgeholt werden. Scheint ein guter Jahrgang für Phalanx zu sein, wenn ich mir auch Emira anschaue. (mw)
Steckbrief Bison |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Wolfgang Kramer, Michael Kiesling | Phalanx | 2 - 4 Spieler | ab 10 Jahre | 75 - 90 Minuten | Franz Vohwinkel |