Meine Rezension muss ich mit ein paar Zahlen anfangen, was aber kein Grund sein soll, sie nicht weiter zu lesen und wegzuklicken. Das Inlett der Verpackung ist ca. 21 x 17 x 3 cm groß und nimmt alle Spielutensilien auf. Wenn man beim Spielplan die unnötigen Randverzierungen weglassen und ihn vierfach falten würde, wäre er ca. 20 x 17 cm groß. Die Schachtel zu Iglu Iglu ist aber 36 x 27 x 6 cm groß! Wow. Gut, man könnte jetzt von Verlagseite argumentieren, dass auf eine Goldsieber-Standardschachtelgröße zurückgegriffen werden musste. Dieses Argument würde ich gelten lassen, wenn es da nicht die Meine Schafe, Deine Schafte / Hoppla Lama Schachtelgröße mit 24 x 17,5 x 5 cm gäbe. Iglu Iglu würde prima da reinpassen. Aber nein, es musste eine Riesenschachtel sein. Warum nur? Bleibt jetzt die Frage zu klären, ob Iglu Iglu wenigstens spielerisch ein großes Spiel ist.
56 quadratische Eisschollenplättchen werden auf den 8 x 8 Felder großen Spielplan gelegt. Nur die Ecken, sie sind noch festes Land, und ein Wasserloch in der Mitte bleiben frei. Dorthin werden vier runde Fischmarken gelegt. Fische sind eine Hauptnahrungsquelle der Inuits, wie sich die Eskimos selbst nennen. Aber auch Polarfüchse und Eisbären sind Jagdbeute. Fische und Polarfüchse tragen Werte von 1 bis 3, Eisbären haben immer den Wert 4. Besagte Inuits (3 pro Spieler bzw. 5 im Zwei-Personen-Spiel) werden durch kleine Holzfiguren dargestellt, die aber manchmal einen etwas zu runden Fuß abbekommen haben. Dadurch ist ihre Standfestigkeit leider etwas eingeschränkt. Das nervt. Schließlich gibt es noch Iglus (2 pro Spieler), kleine Halbkugeln aus Holz.
Reihum besteht der Zug eines Spielers immer aus zwei Teilen. Zunächst muss eine Eisscholle wegschmelzen. Nicht beliebig, sondern sie muss absolut frei sein, kein Inuit, kein Iglu, kein Tier, und mindestens an einer Seite an Wasser grenzen. Gerade die erste Einschränkung kann dazu genutzt werden, bestimmte Eisschollen zu blockieren und vor dem Wegschmelzen zu bewahren. Dies wird im weiteren Spielverlauf wichtig werden. Die Schollen zeigen auf der Unterseite verschiedenen Abbildungen, eingeteilt in zwei Gruppen. Die mit rotem Rand darf man zunächst behalten und zu einem späteren Zeitpunkt einsetzen. Die mit weißem Rand kommen sofort zur Anwendung. Dabei gibt es neue Fischgründe, eine Eisscholle schmilzt nicht, weil sich dort ein Polarfuchs tummelt, ein Eisbär taucht auf oder eine Scholle verschiebt sich durch eine Strömung um ein Feld und schiebt andere mit. Damit kommt gegebenenfalls das ganze Gefüge durcheinander. Iglus z. B., die gerade noch nebeneinander standen sind nun durch eine Wasserrinne voneinander getrennt. Zu den roten Unterseiten komme ich gleich.
Im zweiten Teil des Zuges hat man drei Aktionspunkte zu Verfügung. Die benutzt man zur Bewegung, zum Jagen und zum Iglu bauen. Für einen Punkte kann sich ein Inuit auf eine Nachbarscholle bewegen, für drei (!), also die komplette Aktion, mit dem Knau übers Wasser fahren, aber dabei natürlich große Entfernungen zurücklegen. Ebenso kostet das nicht unwichtige (s. u.) Bauen eines Iglus die komplette Aktion. Zum Jagen muss man den Wert des Tieres an Aktionspunkten aufbringen und dabei für Fische direkt mit der Angel daneben bzw. bei Füchsen und Eisbären auf dem Feld selbst stehen. Also weit laufen und dann noch Jagen ist eher nicht. Daher werden auch gerne Eisschollen direkt neben Inuits zum Schmelzen gewählt in der Hoffnung neue Nahrung zu finden. Aber kommt der Inuit nicht zum Tier, kommt das Tier ja vielleicht zum Inuit. Dazu dient eine der roten Eisschollen, mit der man Tiere bis zu drei Felder weit bewegen kann. Gefährlich wird dabei der Eisbär, der Inuits, vornehmlich natürlich gegnerische, auf die Eckfelder vertreibt. Sich wehren dagegen und den Eisbären erlegen kann man nur mit einem gefundenen Speer. Glücklich wer einen findet. Dann gibt es noch rote Eisschollen mit einem oder zwei zusätzlichen Aktionspunkten (nicht schlecht) und dem nach meiner Meinung stärksten Plättchen, dem Tauwetter. Dabei darf eine Eisscholle außer der Reihe weggeschmolzen werden, auch wenn sich darauf Inuits befinden.
Warum ist diese Karte so stark? Schauen wir uns das Spielende und die Wertung an. Kann in Phase 1 keine Eisscholle mehr schmelzen, zählt jedes erjagte Tier seinen Wert. Zusätzlich werden noch die bewohnten Inseln abgerechnet. Die stärkste Sippe erhält einen Siegpunkt pro Scholle, die zweitstärkste die Hälfte. Zur Ermittlung der Stärke zählt ein Inuit dabei einen Punkt, ein Iglu zwei, daher ist das Bauen so wichtig, Genau diese Inselpunkte entscheiden meistens über den Sieg. Und da sich alle um die wertvollste Insel balgen, also auch oft Gleichheit bei der Sippenstärke herrscht, können durch Tauwetter geflüchtete Inuits Spiel entscheidend sein, da auch die einzelnen Jagdergebnisse kaum voneinander abweichen. Vier statt acht Punkte für eine Insel ist schon heftig.
Taktik sollte es also sein, zu Beginn möglichst viel zu erjagen, dann genau zu beobachten, wo sich lukrative Inseln bilden, und dort seine teuren Iglus und Inuits in Stellung zu bringen. Dummerweise könnte ein Iglu durch eine Strömung abtreiben, also sollte es schon geschickt im Hinterland platziert sein. Hoffentlich ist da aber noch Platz. Dem Spiel wohnt durch die unterschiedlichen Eisschollenunterseiten ein hoher Glücksfaktor inne. Wer einen Speer findet hat Vorteile bei der Jagd, wer Tauwetter erzeugen kann beim Kampf um die Inseln. Wer irgendwann Tiere bewegen darf ist, besser dran als jemand, der einen Eisbären aufdeckt. Will man einen Konkurrenten gerade durch Wegschmelzen von einer Insel trennen, ist es ein Gletscher, der nicht schmilzt. Somit kann die beste Planung zunichte gemacht werden. Auch in dem Spielverlauf greift das Glück ein. Vielleicht wird Runden lang keine neue Nahrung aufgedeckt, dann stehen die Inuits dumm herum und wissen nicht, was sie tun sollen.
Aus den genannten Gründen eignet sich Iglu Iglu nicht für den Vielspieler, den Freak. Es hat seine Stärke eindeutig im Familienspielbereich. Einen scheinbar gelungenen Zug des Papas durch eine überraschend einsetzende Strömung über den Haufen zu werfen, macht dem Filius sicher viel Spaß. Und der darf sicherlich auch jünger als die vom Verlag vorgeschlagenen zehn Jahre sein. Zumal für jeden Spieler eine gut gelungene Spielhilfe zur Verfügung seht, auf der alle Plättchen und die Kosten der Aktionsmöglichkeiten übersichtlich aufgelistet sind. Dass ich mit meiner Einschätzung eines guten Familienspiels nicht so ganz daneben liege, zeigt auch, dass Iglu Iglu in Österreich als Spiel der Spiele im Bereich Familienspiele ausgewählt wurde. (mw)
Steckbrief Iglu Iglu |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Gestaltung |
Bruno Cathala, Bruno Faidutti | Goldsieber | 2 - 4 Spieler | ab 8 Jahre | 45 - 60 Minuten | Guido Hoffmann |