Die Gilde der fahrenden HändlerDie Gilde der fahrenden Händler

Beim Spielen steht für viele das gemeinsame Erlebnis im Vordergrund. Etliche Spieler verstehen darunter Spiele, die entweder kooperativ oder interaktiv sind. Ich habe häufiger Momente, in denen ich ein Spiel bevorzuge, bei dem ich überwiegend für mich spiele. Auch in solchen Spielen darf es selbstverständlich ein wenig Interaktion mit den Mitspielern geben, doch liegt der Schwerpunkt auf meiner eigenen Planung. Mit der Gilde der fahrenden Händler habe ich in dieser Kategorie aktuell ein ganz klares Lieblingsspiel.

Jeder Spieler bekommt einen Spielplan, der eine Karte zeigt. Auf der Karte befinden sich einige Inseln und auf denen wiederum Berge, Wüsten und Wiesen. Von einem Startpunkt aus erkunden wir diese Welt. Dabei entdecken wir Dörfer, verbinden Städte, besuchen Aussichtstürme und findet Ruinen und Wracks.
In vier Durchgängen führen wir unsere Erkundung aus. Fünf Karten geben fest vor, wo wir unsere Reise fortsetzen dürfen: auf einem Bergfeld, auf zwei Wiesenfeldern, auf zwei Wüstenfeldern, auf zwei benachbarten Feldern sowie auf bis zu drei Wasserfeldern, die in einer Linie liegen. Einmal in den ersten drei Runde bekommen wir eine individuelle Zugmöglichkeit, die sehr mächtig ist. Jeder Spieler bekommt zwei zufällige Zugmöglichkeiten, wählt eine davon aus und führt seine Erkundung entsprechend durch. Die nicht gewählte Zugmöglichkeit geht aus dem Spiel. Diese mächtigen Zugmöglichkeiten bleiben im Spiel, zum Beispiel wird die im ersten Durchgang gewählte Möglichkeit auch in den folgenden Runden ausgeführt. In der vierten Runde kommt keine neue Möglichkeit hinzu; stattdessen darf der Spieler einmal zusätzlich eine beliebige seiner drei Möglichkeiten nutzen. Am Ende jeder Runde werden die zurückgelegten Strecken abgebaut. Entdeckte Dörfer und besuchte Aussichtstürme hingegen bleiben auf dem Spielplan.

Je weiter wir uns unsere Erkundung führt, desto mehr neue Handlungsmöglichkeiten ergeben sich und desto mehr Möglichkeiten für Siegpunkte gibt es. Wird ein Landgebiet vollständig ausgefüllt, entdeckt der Spieler ein Dorf. Dies gibt ein paar Punkte, doch viel wichtiger ist es, dass er in den nächsten Runden von diesem Dorf weiterbauen darf. Verbindet der Spieler zwei Städte, so errichtet er eine Handelsroute, für die er deutlich mehr Punkte bekommt. Als Kennzeichen wird eine Stadt abgedeckt und kann nicht mehr für Handelsrouten genutzt werden. Auf dem Weg zu Dörfern und Städten führen die Wege über Stellen, an denen Münzen liegen. Diese bringen ebenfalls Siegpunkte. Am meisten Punkte bringen die Aussichtstürme. Sie liegen weit weg vom Startfeld und werden immer wertvoller. Zuletzt finden wir im Wasser Ruinen und Wracks. Was wir hier entdecken, finden wir auf Karten. Meistens bekommen wir am Spielende Siegpunkte, manchmal dürfen wir auch unsere Handelsroute erweitern.
Zu jedem der vier Spielpläne gibt es sechs Aufgabenkarten; drei davon sind im Spiel. Wer sie zuerst erfüllt bekommt die doppelten Punkte gegenüber Spielern, die das Ziel später erfüllen. Das Spiel endet nach vier Runden. Es gewinnt der Spieler mit den meisten Siegpunkte.

Als wir das Spiel zum ersten Mal sahen, waren wir nur Zuschauer. Die Erkundung durchzuführen, wirkte fummelig, der Sinn erschloss sich nicht durch Hingucken. Weil das auf einer Messe war und wir gern neue Spiele kennenlernten, wollten wir das Spiel ausprobieren. Es sah einfach interessant aus. Es passierte etwas Ungewöhnliches: Aus dem langweiligen Zuschauen wurde ein toller Spielspaß. Es war nicht so einfach, die Erkundung zielstrebig voranzutreiben, weil niemand wusste, wo wir sie als nächsten fortführen durften. Trotzdem ging es immer weiter voran.
Manch einer errichte schnell Handelsrouten und besuchte auch schon den ersten Aussichtsturm. Andere erfüllten eine der drei Aufgaben. Wieder andere entdeckten erst einmal Dörfer und verschafften sich damit eine flexible Ausgangsposition. Am Ende des Spiels waren wir mit unseren Punktzahlen nah beieinander. So viele unterschiedliche Taktiken im ersten Spiel und ein so enges Ergebnis waren dann zusätzliche Motivation, das Spiel näher zu betrachten.

Inzwischen habe ich den ersten Spielplan viele Male gespielt. Ich habe gewonnen und verloren. Ich habe die verschiedenen Taktiken ausprobiert. Der Zufall erlaubte mir immer eine Planung. Nicht immer konnte ich alles wunschgemäß umsetzen, sondern musste improvisieren. Die ersten Aktionen sehen bei allen Spielern ähnlich aus. Irgendwann in der ersten Runde kommt die individuelle Zugmöglichkeit. Danach gleicht kein Plan dem anderen. Jeder Spieler hat seinen Vorteil und muss aus den gewählten Möglichkeiten das Beste machen.
Mir macht diese Erkundung sehr viel Spaß. Da ich in einigen unterschiedlichen Gruppen gespielt habe, bin ich nicht über einen Spielplan hinausgekommen. Das macht mir auch nichts, weil mir alle Spiele Spaß bereiteten. Meine Neugier treibt mich trotzdem zu den weiteren Spielplänen. Sie sehen interessant aus und bringen neue Regeln und Aufgaben mit. Ich bin gespannt.

In der Einleitung schrieb ich, dass ich die Spiele, bei denen ich fast solitär spiele, auch gern mag. In dieser Kategorie ist dieses Spiel aktuell mein Lieblingsspiel. (wd)

Steckbrief
Die Gilde der fahrenden Händler
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Matthew Dunstan, Brett J. Gilbert Skellig 1 - 4 Spieler ab 14 Jahre ca. 45 Minuten Gerralt Landman