LancasterLancaster

Wir begeben uns nach England und dabei zurück in das Mittelalter. Wir, das sind die Spieler, verkörpern jeder einen kleinen englischen Landadligen. Dieser besitzt seine spärlich ausgebaute Burg und darf zwei Ritter befehligen. Sie sind aber noch ziemlich unerfahren. Dazu besitzen wir etwas Geld, Knappen und als Adliger natürlich ein Stimmrecht für die Verabschiedung neuer Gesetze.
Aus dieser Situation heraus streben wir nach Höherem, und das in Form von Prestige. Über fünf Jahre hinweg entsenden wir deshalb unsere Ritter und beeinflussen die englische Gesetzgebung. Die Entsendung der Ritter nimmt dabei den zeitlichen größten Raum für die Spieler ein. Und das Jahr beginnt dann auch damit.

SpielplanFür die Entsendung unserer Ritter haben wir drei Möglichkeiten. Die einfachste ist die, ihn in unserer Burg zu belassen. Hier kann er ungestört von anderen Rittern bei der Bewirtschaftung helfen oder aber sich der eigenen oder der Ausbildung eines neuen Ritters verschreiben.
Schwieriger ist schon der Kampf gegen die Franzosen. Hier können bis zu drei Parteien - eine Partei bildet sich aus den Rittern eines Spielers - teilnehmen. Wer sich früh für den Kampf gegen die Franzosen entscheidet, bekommt zusätzlich eine königliche Unterstützung, zum Beispiel Knappen oder Geld.
Als letztes kann ein Ritter ein County mit seiner Burg besuchen. Doch hier gibt es Hindernisse: Zuerst fordert jede Burg eine Mindeststärke vom Ritter. Hat er diese nicht, wird ihm direkt der Zutritt verwehrt. Dann gibt es noch die netten Kollegen. Der stärkere Ritter verdrängt den schwächeren, der dann wieder zurück zu seiner Heimatburg muss. Später darf er erneut in die weite Welt ausziehen. Doch damit nicht genug. Reicht die Stärke nicht, so kann ein Ritter von seinen Knappen unterstützt werden und so auch gegen einen stärkeren Kollegen gewinnen. Allerdings ist ein Knappe danach so erschöpft, dass er nicht mehr zu seiner Burg zurückkehrt.

Bevor die Ritter nun ihre Belohnungen bekommen, geht es in das englische Oberhaus. Drei gültige Gesetzte kennt England, drei neue stehen zur Verabschiedung an. Jedes Gesetzt beschreibt eine Voraussetzung und definiert die Belohnung, die es bei Erfüllung der Voraussetzung gibt. Der Reihe nach wird über die drei neuen Gesetze abgestimmt und wenn eines angenommen wird, so muss dafür das älteste weichen. Nach den drei Abstimmungen werden die geltenden Gesetze direkt angewendet.

BurgAnschließend erhalten die Ritter ihre Belohnungen. In den Counties erhält ein Ritter entweder ein Gastgeschenk oder lädt einen Adligen an die Tafel der eigenen Burg. Die Gastgeschenke sind sehr unterschiedliche und reichen von neuen Rittern über Burgausbauten zu Prestige. Ein geladener Adliger bringt sowohl seine Stimme für die Gesetzgebung als auch Prestige, wenn die fünf Jahre vergangen sind. Im Übrigen gewähren die Counties beide Vorrechte gegen Zahlung von Geld.
Danach wird die eigene Burg bewirtschaftet. Durch Ausbauten können sie ständigen Nachschub an Geld und Knappen liefern sowie für neue Ritter und die Ausbildung der bestehenden Ritter sorgen. Durch Ausbildung erhöhen die Ritter ihre Stärke, selbst wenn sie sich mitten im Kampf gegen Frankreich befinden.
Damit kommen wir zum dritten Teil der Ritter-Trilogie: In Frankreich gibt es Prestige - wenig, wenn der Kampf verloren geht, viel, wenn er gewonnen wird. Die Verteilung erfolgt dabei nach der Stärke der Parteien, wobei Ausbildungen durch Counties und Burgen die Mehrheitsverhältnisse noch nach der Entsendung verändern können. Ansonsten kehren Ritter, die siegreich waren, zur eigenen Burg zurück, während Verlierer ein weiteres Jahr in Frankreich kämpfen müssen. Sollte auch im zweiten Jahr kein Sieg errungen werden können, kommen die Ritter in französische Gefangenschaft, aus der sie nur durch eine umgehende Zahlung von Geld freikommen.
Nach fünf Jahren endet das Spiel. Nun werden die größte Rittermacht und die am weitesten ausgebauten Burgen mit Prestige belohnt. Auch die Adligen an der Tafel der eigenen Burg geben nun Prestige. Danach steht der beste Burgherr fest.

Franzosen und Gesetze

Die fünf Jahre vergehen schnell. Das gilt nicht absolut, denn ein Spiel dauert je nach Spielerzahl schon anderthalb bis zweieinhalb Stunden. Doch gefühlt ist es weit weniger. So etwas ist immer ein Zeichen für ein gutes, hier sogar sehr gutes Spiel.
Dafür gibt es viele Gründe, die so gleichwertig für ein gutes Spielgefühl sorgen, dass ich keinen hervorheben möchte. Bei der Entsendung der Ritter bin ich jederzeit im Spielgeschehen, weil ich immer davon betroffen bin, wie die Mitspieler ihre Ritter platzieren und wen sie verdrängen. Dabei ist eine Verdrängung zwar ein Ärgernis, doch kann man damit keinen Spieler nachhaltig schädigen. Die hier schon vorhandene hohe Interaktivität wird bei der Gesetzgebung noch einmal erhöht. Dabei wird nützliches, antizyklisches Spiel bei der Entsendung jetzt zum Nachteil, weil Gesetzte leichter angenommen werden, wenn sie Vorteile für viele Spieler bringen.
County: DorsetSelbst die anschließende Begutachtung der entsendeten Ritter ist interessant, weil sie einerseits schnell geht, aber andererseits auch wichtige Entscheidungen verlangt. Allein schon der Einfluss von Counties und Burgen auf die Kämpfe im Frankreich verhindert eine stupide Abwicklung. Vielmehr ist jeder gespannt, welche Entscheidungen die Mitspieler treffen. Das gute Spielgefühl wird dabei von Material hervorragend unterstützt. Massive Holzspielsteine, dicke Pappplättchen und eine ansprechende und zugleich sehr übersichtliche Grafik haben einen hohen Aufforderungscharakter. Dem kann man trotz der Komplexität leicht nachkommen, weil die Regel sehr gut, der Spielablauf klar gegliedert und jede einzelne Handlung kurz und übersichtlich ist - vor allem aber weil Spielmechanismus und -thematik sehr gut ineinander greifen.

Ich kann Spielern, die mit Brettspielen vertraut sind - und somit auch mit den Abläufen eines anspruchsvollen Familienspiels beziehungsweise eines einfachen Spielerspiels - Lancaster wärmstens empfehlen. Sie werden viel Freude an diesem reich ausgestatteten Spiel haben. (wd)

Steckbrief
Lancaster
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Matthias Cramer Queen Games 2 - 5 Spieler ab 10 Jahre ca. 60 Minuten Claus Stephan, Martin Hoffmann