Ein bisschen Mord muss seinEin bisschen Mord muss sein

Wie würden Sie es finden, wenn bei der Neujahrsmesse der Weihrauch mit Aphrodisiaka gesättigt wäre? Oder würden Sie lieber als Motorradfan mal Schmierfett auf die Sitze von Cabrios schmieren, die vor Ihnen im Stau stehen?
Sie gehören zur ganz harten Sorte und denken "Ein bisschen Mord muss sein"? Nun gut, vielleicht erfreuen Sie sich ja daran, dass die Archäologin Cathy Trinta erstickt ist, weil sie in 200 m Binden eingerollt wurde.

SchuberDie Kriminalfälle klingen komisch, weit hergeholt, fantastisch, unterhaltsam? Sind Sie das auch noch, wenn der Täter unter Ihren Gästen weilt und ein guter Bekannter ist? Dann helfen nur noch der Inspektor und der aufmerksame Gerichtschreiber, die ja auch zu Ihrer Spielrunde gehören. In diese Rollen schlüpft während des Spiels jeder einmal. Alle anderen Mitspieler sind Tatverdächtige und nicht nur dies, einer ist auch der Täter.
Die Aufgaben sind klar verteilt: Der Inspektor möchte den Täter entlarven, der Täter möchte unerkannt entkommen und die anderen Tatverdächtigen versuchen den Verdacht auf sich zu lenken. Nur der Gerichtsschreiber bleibt ganz ruhig und beobachtet die Szenerie.

Ein Inspektor ist ein Inspektor, weil er bei Kriminalfällen ermittelt und verdächtige Personen befragt. Das ist hier nicht anders und so verhört er jeden Tatverdächtigen zwei Mal. Die Zeit wird durch eine Sanduhr begrenzt. Doch zuvor stellen sich die Verdächtigen erst einmal vor und der Inspektor teilt ihnen mit, warum sie der absurden Tat verdächtig sind. Dann beginnen die Verhöre, immer einen Verdächtigen nach dem anderen. In dem Verhör darf der Verdächtige erzählen, was er möchte; einzig muss er drei vorgegebene Wörter in seinen Aussagen unterbringen. Diese helfen dem Inspektor: Während alle Unschuldigen die gleichen Wörter nennen müssen, hat der Täter drei andere Wörter in seine Aussagen einzubauen.

Der Täter ist nun aber nicht dumm, lauscht bei den anderen Vernehmungen, versucht die Schlüsselwörter der Unschuldigen zu erkennen und sie ebenfalls zu verwenden. Die Unschuldigen hingegen streuen so manches kuriose Wort um den Verdacht auf sich zu lenken. Damit trotz des vielen Geredes alles korrekt zugeht, wacht der Gerichtsschreiber über das Geschehen. Er kontrolliert, ob alle Wörter korrekt benutzt werden. Fehlt ein Wort, gibt es Minuspunkte und das Verhör wird verlängert - solange, bis das Wort benutzt wurde.

Nachdem jeder Verdächtige einmal befragt wurde, folgt das zweite Verhör. Es gibt neue Wörter und natürlich wieder andere für den Täter. Eine einzige Einschränkung bekommt der Inspektor: Er muss die zweite Verhörrunde mit einem anderen Verdächtigen beginnen als die erste.
Nach Abschluss der zweiten Verhöre darf jeder Spieler tippen, ob der Inspektor den Täter entlarvt. Dann äußert der Inspektor seine Anschuldigung. Ist sie richtig, bekommt er Punkte und der Täter verliert sie; ist sie falsch, verliert er die Punkte und sowohl Täter als auch der zu Unrecht Beschuldigte erhalten Punkte. Außerdem gibt es für die Tipps Plus- und Minuspunkte.
Das Spiel endet, wenn jeder einmal Inspektor war. Wer dann die meisten Punkte hat, ist Sieger.

TippDas Spiel ist anders als alles, was ich bisher kannte. Das Spielbrett dient nur der Punkteanzeige, das Hauptutensil sind die Bücher, in denen die Fälle stehen und das einen als Täter ausweist. Das Spiel ist interaktiv und kommunikativ, doch man spricht nicht miteinander, sondern beobachtet, hört zu, versucht die Kennwörter zu erkennen oder überlegt, wie man sie selbst verwenden möchte.
Der Spielspaß beginnt schon bei den Fällen, die so unwahrscheinlich und so witzig verpackt sind, dass man schon zu Beginn jedes Falles schmunzeln muss. Danach hängt viel von den Spielern ab, wie sie ihre Rolle gestalten und wie sie die Wörter einbauen. Hier wird dann auch ganz klar, dass ein solches Spiel viel Redegewandtheit, einen guten Wortschatz und vor allem auch eine gute Geschwindigkeit beim Reden verlangt. Das liegt nicht jedem Spieler. Manch ein Spieler fühlt sich überfordert. Dann merkt man ihm richtig die Verzweifelung an, wenn sich die Wörter nicht so einbauen lassen wollen. Auf der anderen Seite macht ein Spieler, der nur wenig erzählt die Arbeit des Inspektors leicht. Zu schnell sind die Wörter der Unverdächtigen gefunden, zu schnell verplappert sich ein ungeschickter Redner.

Damit wird klar, was mit diesem Spiel los ist und für wen es spaßig ist. Die Mitspieler müssen Spaß am Rollenspiel haben und sich sprachlich auf ähnlichem, vorzugsweise hohem, sprachlichem Niveau befinden. Dann werden die Fälle ausgeschmückt, der Inspektor verzweifelt und im Hintergrund wickelt ein nicht entlarvter Täter 200 m Binden von der Leiche. Wofür nur? (wd)

Über den Autor
Der Autor Hervé Marly wurde durch sein Spiel Die Werwölfe von Düsterwald bekannt. Mochte man dort noch schweigend überleben, wird man nun zum Reden gezwungen.
Steckbrief
Ein bisschen Mord muss sein
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Hervé Marly Asmodee 4 - 7 Spieler ab 13 Jahre ca. 45 Minuten Ingo Anlauff