ChocolatlChocolatl

Für die Azteken war der Kakao ein Geschenk des Gottes Quetzalcoatl, der auch heute noch als Namensgeber für die Schokolade in aller Munde ist. Günter Burkhardt hat die Legenden um die mythische Gestalt für sein Spiel "Chocolatl" adaptiert.

SpielplanIn "Chocolatl" bemühen wir uns um die Gunst der Götter, die wir in Form von Siegpunkten gewinnen. Dazu müssen wir mithilfe von sog. Kakaokarten blind bieten ("opfern"), um an bestimmten Stationen des Spielplans als erster oder zweiter und einmal sogar als dritter Höchstbietender Vorteile zu erlangen. Das mittelgroße Spielbrett zeigt anschaulich die einzelnen Bereiche, z. B. ein Kakaofeld, deren drei Ertragsmöglichkeiten (= Siegpunkte) durch Würfelwurf am Anfang einer jeden Runde ermittelt werden. Andere Stationen sind ein Stadtfeld, bei dem man Bonuschips zur ständigen Erhöhung der eigenen Gebote oder Bonuswürfel zur einmaligen Verbesserung erhalten kann, oder die Pyramide Cholula, deren Bau Siegpunkte pro verbautem Stein plus eventueller Zusatzpunkte einbringt. Der Bietmodus kann von Runde zu Runde unterschiedlich sein, entscheidend ist hier die Farbe des Feldes auf der Siegpunktleiste, auf dem der Führende steht. Entweder müssen die Spieler sofort je zwei Kakaokarten direkt einer Station zuordnen, die in ihrer Summe das Gebot ergeben. Dafür stehen Übersichtstafeln zur Verfügung. Oder sie handeln im Uhrzeigersinn Station für Station einzeln ab. Die dritte Möglichkeit ist, dass alle Spieler zunächst jeweils eine Karte verdeckt bieten, diese für alle sichtbar aufdecken und dann die zweite im gleichen Modus. Die dazu verwendeten Karten weisen Werte von 0 bis 12 auf. Zu Beginn des Spiels wählt man eine davon aus, um sie direkt den Göttern im Tempel zu opfern. Den entsprechenden Wert erhält man am Ende des Spiels in Siegpunkten gutgeschrieben, dafür steht die Karte allerdings in der gesamten Partie nicht mehr zur Verfügung.

BonuschipWährend einer Runde kann ein Spieler entweder direkt Punkte machen oder sich Biet-Boni sichern. Da ist zum einen die Chocolatl-Figur. Wer sie an der ersten Station erhalten kann, entscheidet für den Rest der Runde alle Gleichstände für sich. Ansonsten gewinnt derjenige, der bislang weniger Siegpunkte besitzt. Diejenigen, die am wenigsten bieten, müssen hier und dort mit Nachteilen rechnen. Während man bei der fünften Station ("Herstellung des Kakaotrunks") zwei Minuspunkte einstreicht, erhält man bei der ersten die Figur des "Alten Manns". Sie sorgt für den Abzug von einem Punkt bei jedem Folge-Gebot.
Bietkarte mit Wert 12Am bedeutendsten sind allerdings die Aufbesserungskarten im Wert von 4 bis 11, die man bei der letzten Station gewinnen und gegen seine jeweils schwächste Bietkarte (also zuerst wohl die "0") austauscht. Wer hier nicht beizeiten erfolgreich mitmischt, wird zunehmend häufig beim Bieten ausgestochen und kann in den wesentlichen Phasen des Spiels nur noch zuschauen. Das Spiel endet in der Runde, sobald ein Spieler 40 Siegpunkte erhalten hat, alle seine Spielsteine verbaut hat oder die Maximalzahl von sieben Runden gespielt wurde. Zum Schluss gibt es u. a. noch Punkte für den aktuellen Besitzer der "Chocolatl"-Figur sowie für jeden eigenen Stein in der Pyramide. Wer die meisten Siegpunkte erringen konnte, ist Sieger und Günstling der Götter.
Bei "Chocolatl" muss man die Balance zwischen Punktegenerieren und Gebotsverbesserung finden. Einseitiges Vorgehen ist zum Scheitern verurteilt. Durch den Bau von Hütten oder den Erwerb von Aufbesserungskarten ist man gut gerüstet, um in den folgenden Runden wichtige Punktesiege einfahren zu können. Freilich gibt es Stationen, die vor allem zu Spielbeginn viele Punkte in Aussicht stellen (Pyramide und die vorletzte Station "Kakaotrunk"). In unseren Testpartien ist es jedoch nicht selten vorgekommen, dass die Spieler, die vor allem hier aktiv wurden, später von den Konkurrenten überholt wurden.

Chochlatl-FigurBei einem Spiel mit dem Mechanismus des blinden Bietens lässt sich schwerlich von großen Einflussmöglichkeiten sprechen. Dennoch lässt "Chocolatl" durchaus Taktik zu, sei es beim Besetzen der Pyramide, die Bonuspunkte bei Mehrheiten in der einzelnen Reihen bescheren, oder beim Herbeiführen des Spielendes zu einem für den Spieler idealen Zeitpunkt. Doch ist Erfolg kaum sicher garantiert. Die Mitspieler können mit zusätzlichen Würfeln, die sie bei der Station 3 ("Die Stadt Tenochtitlan") erworben haben, das Ergebnis zu ihren Gunsten verändern oder haben bereits so viele Hütten angesammelt, dass sie auch mit niedrigem Einsatz Gewinne einfahren können. Demgegenüber kann das Spiel durch große Leichtigkeit und eingängige Regeln punkten. Hier ist es absolut familientauglich. Allein die drei unterschiedlichen Versteigerungsmodi, unter denen die dritte (s.o.) etwas schwerfällig ist, können in den ersten Partien noch verwirren.

"Chocolatl" ist auch mit etwas edlerer Schachtelgrafik (ansonsten jedoch völlig identischer Ausstattung) in der "QWG Master Print Edition Series" erschienen. Dort steht es neben Premiumeditionen von "Maestro Leonardo" oder "Carson City". Diese stellen jedoch eine Klasse dar, in die "Chocolatl" von Spielgefühl und -qualität her nicht gehört. Insofern werden hier Erwartungen geweckt, denen das Spiel nicht gerecht wird. Es ist nämlich alles in allem ein Spiel des Mittelmaßes. Die Ausstattung ist gut, der Mechanismus fehlerfrei, der Mythos nett auf das Spielgeschehen bezogen. Trotzdem drängt sich der Eindruck des Biederen und Harmlosen auf, vor allem, wenn man es mit dem weitaus peppigeren "Revolution!" (Pegasus 2010) vergleicht, in dem man ebenfalls verdeckt bietet, aber gleichzeitig um Gebietsmehrheiten kämpft. Auch die verschiedenen Bietweisen können da nicht wirklich beeindrucken. Man spielt so vor sich hin, versucht, seinen Einfluss vor allem dann wirken zu lassen, wenn es den meisten Gewinn bringt. Das kann aber genauso gut daneben gehen. Deshalb wird vor allem der Vielspieler kaum gewillt sein, "Chocolatl" häufiger zu spielen, es sei denn, seine Mitspieler überließen ihm immer kampflos die hohen Aufwertungskarten, mit denen sich die persönliche Erfolgsquote erheblich steigern lässt.

"Chocolatl" kann für eine gewisse Zeit Spaß machen und spannend sein, doch trägt das Konzept nicht weit genug. Statt dessen greift man alsbald zu den zahlreichen besseren Alternativen. (thb)

Steckbrief
Chocolatl
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Günter Burkhardt Quined Games 3 - 5 Spieler ab 8 Jahre 45 - 60 Minuten Ryan Laukat