PioneersPioneers

Der Wilde Westen galt als rau, seine Bewohner als ungezähmt und die Legenden über Revolverhelden werden noch in unserer Zeit erzählt. Auch die andere Seite, die Besiedelung Amerikas, wurde oft beleuchtet, früher vor allem in Filmen, war dann aber meist gepaart mit der rauen Seite. Hier zeigt uns ein Spiel ausschließlich die friedliche Seite.

Wir sind Besitzer einer Kutsche. Sie befindet sich am östlichen Rand des Wilden Westens. Fünf Pioniere warten darauf, an ihren Bestimmungsort gebracht zu werden. Bevor wir die Kutsche fahren lassen, bekommen wir zunächst Einkommen und dürfen einkaufen. Ein festes Grundgehalt sichert dabei ab, dass wir immer ausreichend Geld für einen Einkauf haben.
Für die Fahrten der Kutschen gibt es ein öffentliches Straßennetz. Wir können ein oder zwei Straßen erwerben. Dabei Kosten zwei Straßen mehr als das Doppelte: Anstatt Mengenrabatt zahle ich hier mehr für die gesparte Zeit. Alternativ kann ich eine neue, weitere Kutsche erwerben. Für sie stehen direkt zwei bis vier Pioniere bereit. Jeder Mitfahrer gehört zu einem Berufsstand: Banker, Händlerin, Farmer, Sergeant, Barkeeper oder Goldgräber. Jeder hat seine eigenen Ziele, die über Plättchen auf dem Spielplan festgelegt sind. Dazu gibt es noch Hotels, in denen jeder absteigen darf.

Der Weg der Kutsche wird über eine einzige Figur auf dem Spielplan abgewickelt. Der Spieler zieht sie vom aktuellen Standort – dem Zielpunkt des vorherigen Spielers – über das Streckennetz zu einem neuen Ort, an dem sich noch keine Pioniere befinden. Die Benutzung eigener Straßen ist kostenlos, fremde Straßen, egal ob privat oder öffentlich, erfordern Gebühren. Am Zielort angekommen, steigt der Pionier aus meiner Kutsche aus. Dabei profitiere ich von seiner Spezialfertigkeit. Anschließend kann ein Mitspieler ebenfalls einen Pionier der gleichen Berufsgruppe aussteigen lassen, allerdings bekommt er nicht den Vorteil der Spezialfertigkeit, sondern muss mich dafür bezahlen.

Der Sinn meines Handels besteht darin, meine Pioniere zu ihren Zielen zu bringen, denn eine leere Kutsche bringt mir viele Siegpunkte und ein wenig Geld. Dabei richtet sich die Anzahl der Siegpunkte nach der Anzahl der Pioniere, die sich darin befanden. Weitere Siegpunkte bekomme ich am Ende des Spiels für eigene Pioniere in meinem Streckennetz.
Weiterhin erhält ein Spieler Siegpunkte durch Goldgräber. Wird ein Goldgräber zu seinem Ziel gebracht, dankt er es mit einem Nugget, der die Punkte bringt. Damit sind wir bei den Vorteilender einzelnen Berufsgruppen: Ein Banker erhöht das Einkommen, eine Händlerin erlaubt einen zweiten Kauf. Der Barkeeper schmeißt einen anderen Pionier aus der Kutsche und hilft so, sie zu leeren. Farmer gehen freiwillig in Gruppen, denn Farmer aus bis zu drei eigenen Kutschen steigen auf einmal aus. Zuletzt gibt es den Sergeanten. Er spendiert eine kostenlose Straße, die auch parallel zur Straße eines Mitspielers verlaufen darf.

Der Wilde Westen ist eine gute Gegend zum Besiedeln. Das Spiel vereint viele gute Eigenschaften, ohne dass ich eine nennen könnte, die im Vordergrund steht. Es beginnt mit der Interaktion. Die Möglichkeit, ebenfalls einen Pionier aussteigen lassen zu können, macht die Spielzüge der Mitspieler, die ohnehin kurz sind, interessant und lässt selbst bei vier Spielern nie ein Gefühl des Wartens aufkommen.

Die Pioniere sorgen dann gleich doppelt für Spielspaß und Abwechslung. Ihre Spezialfertigkeiten sind alle sehr nützlich. Daher fällt es schwer, einem Mitspieler Geld zu geben, damit einer meiner Pioniere aussteigen darf. Doch die Spielziele, leere Kutsche und eigene Pioniere im eigenen Streckennetz, fordern gerade dazu auf. Die beiden Spielziele verlangen, viele Pioniere in den Wilden Westen zu bringen, gleichzeitig zwingen sie dazu, das knappe Geld sowohl in Straßen als auch in Kutschen zu investieren – ein Widerspruch, der die Spieler zu Entscheidungen zwingt und unterschiedliche Strategien ermöglicht.
Neben den beiden Siegpunktbedingungen gibt es nur noch die Goldgräber, die Siegpunkte bringen. Das ist eine klare Struktur. Sie führt die Spieler und macht das Spiel überschaubar. Weil die Ziele der Pioniere variabel ausgelegt werden, können trotzdem keine eingeschliffenen Strategien entstehen. Im Gegenteil lassen sich immer neue Wege finden, wie ich Pioneers erfolgreicher spielen kann. So bleibt der Wiederspielreiz erhalten.

Auch lässt sich das Spiel mit jeder Spieleranzahl gut spielen. Zu zwei wird der Spielplan verkleinert, indem einige Orte abgedeckt werden. Es ist leicht, ein gutes Streckennetzt zu bauen, und es will wohlüberlegt sein, dem Mitspieler Geld für Pioniere am Zielort zu geben. Zu dritt wird der Wilde Westen größer. Das Streckennetz ist nicht mehr ganz so einfach aufzubauen. Mit ein bisschen Erfahrung lässt es sich bewerkstelligen. Bei vier Spielern gibt es einen größeren Wilden Westen auf einem anderen Spielplan. Ein zusammenhängendes Streckennetz erfordert hier eine gute Planung. Insgesamt ist das Spiel umso herausfordernder, je mehr Spieler mitspielen.
Wie fast immer bei Queen Games ist auch das Material sehr schön. Kutschen aus dicker Pappe, Pioniere mit Westernhut und aus Holz, gut unterscheidbare Farben und ein durchdachtes Spielertableau sind Unterstützungen in der Spielorganisation, die das angenehme, weil positive Spielgefühl verstärken.

Ein Mitspieler beschrieb das Spielgefühl mit dem Satz: „Das Spiel fühlt sich rund an.“ So allgemein der Satz ist, so gut beschreibt er Pioneers. Hier haben wir ein Spiel in der Kategorie „anspruchsvolles Familienspiel“, das als Gesamtwerk punktet. (wd)

Steckbrief
Pioneers
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Emanuele Ornella Queen Games 2 - 4 Spieler ab 8 Jahre ca. 60 Minuten Markus Erdt