Die Tavernen im tiefen ThalDie Tavernen im tiefen Thal

Taverne, der Begriff klang für mich nach einfacher Kneipe. Als ich genauer recherchierte, erfuhr ich, dass er damals viel mehr umfasste: Es war eine Gaststätte mit Konzession, die einige Rechte und Pflichten mit sich bringt. Das Brau- und Brennrecht gehörte genauso dazu, wie das Recht Brot zu backen. Die Taverne war der kommunale Mittelpunkt in weltlichen Angelegenheiten der Bewohner des Dorfes, in dem zum Beispiel Gerichtsverhandlungen stattfanden und beim Leichenschmaus Nachlässe geregelt wurden.

Wir sind für acht Tage Inhaber einer Taverne. Die Gaststätte besitzt anfangs drei Tische und sieben Stammgäste die für ihr Bier bezahlen, aber nur wenig Einkommen einbringen. Neben den Stammgästen helfen uns noch eine Serviererin, ein weiterer Tisch für einen zusätzlichen Gast und ein Lieferant. All dies befindet sich auf Karten, die einen persönlichen Stapel bilden.

Die Abende haben einen festen Ablauf. Zuerst wird der Tageszähler weitergestellt. Dann ziehen wir vom Kartenstapel so lange nach, bis alle Tische durch Gäste besetzt sind.
Hat sich eine Kellnerin eingefunden, darf ich nun einen persönlichen Würfel werden. Anschließend wirft jeder vier Würfel, wählt einen davon und gibt den Rest auf einem Bierdeckel weiter.
So wird mit den neu erhaltenen Deckeln fortgefahren, bis jeder seinen vierten Würfel zugeteilt bekommt. Nun platzieren alle gleichzeitig ihre Würfel auf den verschiedenen Bereichen der eigenen Taverne.

Jetzt ein paar Worte zur Funktion der Würfel: Eine 5 bewegt einen Spielstein auf einer weiteren Laufleiste, die mir ab und zu neue Karten bringt. Belege ich einen Gast mit einem Würfel seiner Zahl, bringt mir das entsprechend viel Geld ein. Die anfänglichen Gäste zeigen eine 1 oder eine 2. Sowohl eine 1 als auch eine 6 aktiviert den zur Taverne gehörigen Lieferanten und, falls vorhanden, zusätzliche Lieferanten auf Karten. Diese produzieren für uns Bier. Kasse und Bierfass erlauben das Ablegen eines beliebigen Würfels und bringen ein Geld beziehungsweise ein Bier.

Genügend Bier erlaubt mir, einen von fünf zahlungskräftigeren Gästen in meine Taverne zu locken. Diese zeigen höhere Würfel und bringen zum Teil noch andere Vorteile (Geld oder zusätzliche Unterstützung).

Mit Geld kaufe ich zusätzliche Tische oder stelle freie Mitarbeiter ein. Neben den schon bekannten Kellnerinnen und dem Liferantengibt es noch Tellerwäscher, die erlauben einen Würfel um eine Ziffer zu erhöhen und Bierhändler, die auch ohne Würfel ein Bier produzieren.

Außerdem kann ich mit Geld Bereiche meiner Taverne aufwerten oder feste Mitarbeiter einstellen.
So kann ich zum Beispiel den Tresor, in dem ich Geld speichern kann, vergrößern oder eine Kellnerin anstellen, die jede Runde serviert und einen eigenen Würfel bringt. Weitere Bereiche lassen sich auch umwandeln. Jede solche Aufwertung oder feste Anstellung bringt mir einen Adeligen als Gast ein.

So verbessere ich nach und nach Gaststätte und Stammpublikum.
Neue Gäste und Ausstattungskarten für die Taverne bringen Siegpunkte. Die Adeligen bringen wenig Geld, wenn sie in der Gaststäte auftauchen, aber viele Siegpunkte am Spielende.

Nach acht Tagen kommt die Abrechnung.

Dies war die Grundregel für das erste Modul. Vier aufeinander aufbauende Module vervollständigen das Spiel. Im zweiten kommen Boni, Gaukler und Schnäpse hinzu. Die Boni sind Spielvorteile. Gaukler, die weitere Vorteile erlauben, kann man mit Schnäpsen bezahlen. Das dritte Modul führt den Ruf einer Gaststätte ein. Je ausgewogener Geldeinkommen und Bierproduktion sind, desto mehr wächst der Ruf, der auf einer weiteren Laufleiste festgehalten wird. Dieser Rundkurs bringt bei Umrundung einen Adligen und auf einigen Feldern Schnäpse. Das vierte Modul lässt jeden Spieler eine von drei zufälligen Startausstattungen wählen. Das fünfte Modul führt das Gästebuch ein, das weitere Boni und Adelige bringt. Hier sind die Kosten der gekauften Gäste von Bedeutung.

Mit jedem Modul wird das Spiel komplexer. Ich vergleiche das erste Modul gern mit einer Eckkneipe, das fünfte mit einem Fünf-Sterne- Hotel.

Beliebte Mechanismen werden hier verbunden. Würfel werden gedraftet, aus Mitarbeitern und Tischen wird ein Deck gebaut, mit Hilfe des Decks baut man seine Taverne aus. Dabei empfinde ich die einzelnen Mechanismen als intuitiv überschaubar. So bieten die vielen ineinander greifenden Rädchen je nach Modul ein seichtes oder auch komplexes Spielgefühl.

Gelegenheitsspieler werden mit dem ersten Modul abgeholt. Erfahreneren Spielern empfehle ich, zumindest das zweite Modul oder auch direkt noch das dritte zu nutzen. Das vierte Modul ist sinnvoll, wenn man das Spiel kennt und die verschiedenen Startbedingungen einschätzen kann. Das fünfte Modul ist etwas für Spieler, die Optimierung lieben, und die sich durch Denkpausen der Mitspieler nicht gestört fühlen. So findet hier jeder sein Spiellevel!

Ich selbst bevorzuge das Spiel mit dem dritten oder bis zum vierten Modul. Hier ist das Spiel anspruchsvoll, führt aber nicht zu langen Grübelpausen.
Zurück zu meinem Hotelvergleich: In eine Eckkneipe kann ich gehen, muss ich aber nicht. Ein Luxushotel bietet mir zu viel. Wenn der Kellner beim Essen permanent hinter mir steht, fühle ich mich genauso unwohl, wie in einem Spiel, in dem ich, um erfolgreich zu sein, alles genau durchrechnen muss.

Die Spielregel lässt leider zu wünschen übrig: Das Sortieren des Materials ist nach dem Auspöppeln recht mühsam. Auch einige Feinheiten sucht man etwas länger.

Erst einmal verstanden, spielen sich Die Tavernen im tiefen Thal locker weg.
Dabei sollte man auf jeden Fall nicht das ganze Spiel nach dem Grundspiel bewerten. Hier sind die Module nicht, wie sonst im Sprachgebrauch, unabhängig und zusätzlich, sondern geben eher einen Level des Schwierigkeitsgrades an.

Das Thema findet sich im Spiel gut wieder;
Wie ich in meiner Zeit als Aushilfe in einem Restaurant erlebte, kommen gelegentlich anspruchsvolle Gäste und man kann sie kaum bedienen. An anderen Tagen hat man hat viel vorbereitet, aber es kommt das falsche Publikum.
Genau dies kann mit den Zufallsfaktoren Würfel und Karten eintreffen.

Das Material ist schön gestalte. Zum Beispiel sieht die Dame (Gast), die als Bonus eine Kellnerin mitbringt, genauso aus wie die Kellnerin.

Ich mag das Spiel und freue mich über seinen ersten Platz beim Pfefferkuchel. (bd)

Steckbrief
Die Tavernen im tiefen Thal
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Wolfgang Warsch Schmidt 2 - 4 Spieler ab 12 Jahre ca. 60 Minuten Dennis Lohausen