Fog of LoveFog of Love

Es begann alles auf einer Party. Hannah und Bernd lernten sich kennen, fanden sich sympathisch und verabredet sich für den morgigen Sonntagmorgen. Date am Sonntagmorgen ist das erste Szenario in Fog of Love, und die erste Frage, die sich unser Paar stellt ist die, wohin es gehen soll: Ins Restaurant, zum Karaoke oder lieber ein wenig Sightseeing in der eigenen Stadt.
Bernd ist mein Charakter. Ich habe ihn mit Wesenszügen versehen und ihm einem Beruf zugeteilt. Hannah ist der Charakter meiner Mitspielerin, in diesem Fall meiner Frau. Sie hat mir die drei äußeren Merkmale zugeteilt und erzählt dazu, wie ich, Bernd, ihr aufgefallen bin. Ich lege ein wenig das Aussehen von Hannah fest und erzähle ebenso, wie sie mir auffiel.

Ich spiele mich nicht selbst, sondern einen fiktiven Charakter, für den ich entscheide. Bernd ist ein fröhlicher Typ, der auf Spaß aus ist. So entscheide ich, dass er mit Hannah zum Karaoke möchte. Ich bin kein Freund davon, aber mein Charakter verhält sich anders, nicht so wie ich bin, sondern nach seiner Rolle, seinem Wesen, seinem Beruf, nachdem, wie ich ihn ausschmücke, und manchmal auch nach Hannah. Die erste Frage ist recht harmlos. Wir bekommen Herzen, die anzeigen, wie verliebt wir sind. Wählen wir das Gleiche, sind es mehr Herzen, mehr Liebe und eine bessere Aussicht auf eine erfüllte Partnerschaft.

Unsere Beziehung erstreckt sich über drei Kapitel, die jeweils in Szenen unterteilt sind. Die Szenen sind auf Karten vorgegeben, mit ihren Auswirkungen. Abwechselnd wählen wir die Szene, die unser Paar durchläuft. Eben haben wir beide die Fragen beantwortet. Nun frage ich Hannah, wer ihr Traumgast ist. Was antwortet sie mir? Ich bin gespannt. Sie erzählt mir von ihrer Großmutter. Mit diesen Erzählungen gibt der Charakter ein Stück seines Wesens bekannt. So erfährt der andere etwas über die Persönlichkeit des Gegenübers.
In einer weiteren Szene geht es zu Ikea. Damit sind wir schon bei den ernsteren Szenen. Hier gibt es vier Antwortmöglichkeiten. Wie bei der Erzählung gibt es für die Antwort auch eine Veränderung bei den Bedürfnissen. Es sind sechs Skalen, die das Verhalten widerspiegeln: Gewissenhaftigkeit, Offenheit, Extrovertiertheit, Empfindsamkeit, Empathie und Redlichkeit. Später begeben sich Hannah und Bernd auch in dramatische Szenen. Sie enthalten stärkere Wertungen für die Bedürfnisse, kosten dafür oft Herzen.

Nach drei Kapiteln mit vielen Szenen kommt es zum Finale. Dafür hat jeder Charakter Bestimmungen. In Laufe der Geschichte wurden einige abgelegt, auch wieder aufgenommen oder ausgetauscht. Sie beschreiben, auf welchem Wege der Charakter in der Beziehung glücklich wird. Zu Beginn des Finales muss der Charakter sich auf eine Bestimmung festlegen. Sie erfordern eine bestimmte Anzahl an Herzen, manchmal die Erfüllung eines bestimmten Bedürfnisses und vor allem, dass sich der Partner bzw. die Partnerin nicht trennt. Letzteres ist beim Date am Sonntagmorgen noch nicht möglich. Nun werden die Wesenszüge mit den Bedürfnissen abgeglichen. Hat sich der Charakter nach seinem Wesen verhalten, kommen Herzen hinzu. In einigen Fällen gelingt die Erfüllung nur, wenn der Partner oder die Partnerin mitgespielt hat. Zuletzt werden die Geheimnisse aufgedeckt. Das sind Sonderkarten, die während des Spiels beiseitegelegt wurden und die während des Spiels nicht aufgedeckt wurden. Haben Hannah und Bernd ihre Bestimmung erfüllt? Ja, beide entschieden sich für eine Beziehung auf Augenhöhe und genau diese führ(t)en sie.

Die Geschichte von Hannah und Bernd blieb nicht meine einzige sowie meine Frau nicht die einzige Mitspielerin blieb. Viele Paare durchliefen bereits das Date am Sonntagmorgen. Es folgten Die Jugendliebe und Das Jahr auf Probe. Diese beiden weiteren Szenarien dauern länger, führen weitere, leicht zu erlernende Elemente ein und vor allem geben sie eine neue Geschichte und damit einen neuen Rahmen vor. Während bei der Jugendliebe alles gespannt auf die Hochzeit wartet, die bei mir nie stattfand, ist es im Jahr auf Probe möglich, dass sich das Paar trennt. Die Szenarien lassen sich gut mehrfach spielen, weil die Charaktere immer wieder anders sind, sich anders verhalten und anderen Bestimmungen nachgehen. So liegt das vierte Szenario namens Ich weiß, was ich will noch ungeöffnet in der Schachtel.

Es ist ein Rollenspiel der anderen Art, kein Monster verprügeln oder Schätze rauben, sondern Beziehungen empfinden, mit all ihren Freuden und Leiden, mit der Glücksseligkeit, wenn der Partner die erhoffte Antwort gibt und dem Ärger, wenn die Szene so gar nicht gefällt. Es ist ein Stück Alltag, weil uns die Szenen bekannt vorkommen, und doch beflügeln sie unsere Fantasie, weil wir nachdenken, wie der Charakter reagiert, reagieren sollte. Manchmal fragte ich mich auch, was meine Antwort in der Szene wäre.

Es ist ein Spiel, das seine Grenzen einhält. Es geht nie unter die Gürtellinie, wenngleich es durchaus Fragen über Sex enthält. Mit den liebevollen, bisweilen humorvollen Formulierungen sind sie ein angenehmer Bestandteil des Spiels wie es Sex in einer Beziehung ist. Auch hält es die Grenze zur Psychologie ein. Es analysiert die Spieler nicht, ebenso nicht die Charaktere. Weil es Begriffe und Modelle der Psychologie verwendet, fühlen wir uns heimisch, weil es das Menschsein, den Menschen und seine Fähigkeit zur Beziehung aufgreift.
Das Spiel holt uns ab, weil wir den Inhalt kennen, erneut genießen und den Vorteil haben, dass am Ende des Spiels ein Ergebnis feststeht und wir danach jede Verantwortung für die Beziehung ablegen können. Dabei ist das Ergebnis nebensächlich, denn der Spielspaß liegt auf dem Weg. Die so oft gestellte Frage nach der Interaktion ist überflüssig, die nach der Kooperation auch. Wie in einer Beziehung ist Kooperation wichtig, jedoch ist auch auf sich selbst zu achten, selbst dann, wenn die Bestimmung die Bedingungslose Liebe ist.

Es mag jemand anzweifeln, dass Fog of Love ein Spiel ist. Ich halte dagegen, denn ich empfinde es als Spiel. Es ist spielerisch, vielleicht sogar mehr als Wettrennen und Optimierungen. Wohltuend habt es sich von der Masse der immer gleichen Ziele bei Spielen ab, bietet nicht nur Originelles, sondern ein wohldurchdachtes Konzept, souverän umgesetzt, weitab von der Normalität, an dem sein Inhalt so nah dran ist. Ich empfehle es jedem, der sich auf eine solches Rollenspiel einlassen kann.
Fog of Love ist für mich das Highlight. Ich wünsche ihm viel Erfolg, viele Erweiterungen - einige werden im Herbst erscheinen - und gern auch die ein oder andere Auszeichnung. (wd)

Steckbrief
Fog of Love
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Jacob Jaskov Pegasus 60 - 120 Spieler ab 17 Jahre ca. 2 Minuten Cecilie Fossheim, Mike Højgaard, Lotte M. Klixbüll Jaskov