Die Burgen von Burgund - KartenspielDie Burgen von Burgund - Kartenspiel

Liebling, jemand hat unser BuBu geschrumpft! Dieser Gedanke drängt sich auf, hält man die kleine, optisch unveränderte Schachtel in den Händen. Einzig der Bilduntertitel verrät, dass es sich dabei um "Das Kartenspiel zum Strategie-Klassiker!" handelt.

SchachtelnFünf Jahre ist der große Bruder jetzt alt - in der Brettspielszene offenbar alt genug, um den Begriff "Klassiker" zu verwenden, aber nicht zu lang her, um nun ein Kartenspiel nachzulegen. In diesem finden wir das Grundgerüst des populären Vorgängers wieder:
Eine Objektauslage in der Mitte, einen persönlichen Bereich für erworbene Objekte und einen Bereich, Fürstentum genannt, in welchem diese eingebaut werden. Gesteuert wird das Ganze über den bewährten Würfelmechanismus, nur dass hier auf den Karten aufgedruckte Würfel herhalten müssen. Diese geben, als Handkarte ausgespielt, die aktuell gewürfelte Zahl vor, welche nun eine von sechs verschiedenen Aktionen ermöglicht:

  • Ein Objekt aus der Auslage von der entsprechenden Reihe nehmen, die Würfelzahl auf der erworbenen Karte wird dabei nicht beachtet.
  • Ein Objekt ins eigene Fürstentum einbauen, hierbei gibt der abgedruckte Würfel die benötigte Zahl vor.
  • Den eigenen Arbeiterbestand auf zwei Arbeiter aufstocken.
  • Einen Silberling nehmen.
  • Warenkarten der entsprechenden Würfelzahl verkaufen, diese geben Siegpunkte und einen Silberling pro verkaufter Karte.
  • Silberlinge und Arbeiter 3:1 in Siegpunkte eintauschen.

BonusBeim Einbau eines erworbenen Objektes ins eigene Fürstentum erhält man, je nach Art, eine sofortige Sonderaktion. Vieles, wie bspw. beim Einbau einer Burg sofort eine weitere Aktion ausführen und dafür eine beliebige Würfelzahl verwenden, ist bekannt. Manches ist leicht abgewandelt (bspw. beim Einbau einer Bank drei statt zwei Silber nehmen), manches ist ungewohnt: Das ehemalige Arbeiterdorf heißt jetzt Wohnhäuser und beschafft keine Arbeiter, sondern eine Waren- bzw. Tierkarte. Ganz weggefallen sind dauerhafte Funktionen, die "gelben" Objekte beschaffen hier schlichtweg zwei Arbeiter.

Siegpunktmotor und Ziel des Spieles ist es, im eigenen Fürstentum Drillinge einer Kartenfarbe zu sammeln. Nur diese nämlich kommen auf Objektseite in die Wertung, Solisten und Zwillinge sind am Ende nichts Wert. Der erste Drilling einer Farbe wird mit einem Bonussiegpunkt belohnt, zudem gibt es für jeden vollendeten Drilling die Möglichkeit, sich aus diversen Rundenboni einen auszusuchen - je weiter das Spiel jedoch fortgeschritten ist, desto unattraktiver werden diese.

Bleibt noch die Frage, was in diesem Spiel mit den Silberlingen angefangen werden kann: Konnte man sich beim großen Vorbild für zwei Silberlinge aus der mittleren Auslage bedienen, erlaubt die Zahlung von drei Silberlingen hier, eine Karte vom Stapel zu ziehen und zu entscheiden, ob man den abgedruckten Würfel sofort für eine Aktion verwendet oder ob man die Karte als Objekt in den eigenen Planungsbereich legt. Abgerechnet wird nach fünf Durchgängen zu je sechs Aktionen. Zu den Siegpunkten für Drillinge, erworbenen Sondersiegpunkte und verkaufte Waren gesellen sich dann noch jene für gesammelte Sätze aus Tieren: Bei einem bis drei verschiedenen erhält man die Anzahl minus eins als Siegpunkte, bei einem kompletten Satz aus allen vier Tieren wird kein Siegpunkt abgezogen.

Der Erfolg der Burgen von Burgund erklärt sich aus meiner Sicht daraus, dass hier ein komplexes Spiel mit einer genau passend abgestimmten Beimischung von Zufall vorlag: Über die Würfel und über die gezogenen Plättchen und Warenkarten. Beim Kartenspiel nun hat man den Zufallsanteil erhöht: Beim großen Spiel wusste man stets, welche Arten von Plättchen für jeden Duchgang nachgezogen werden würden, nur die genaue Beschaffenheit war zufällig. Dies lies, bei allem Zufall, eine langfristige Planung bezüglich der Bebauung des eigenen Landschaftsplans zu. Hier nun werden die Karten zu Beginn jedes Durchgangs zufällig vom Stapel ausgelegt. Da die Spieler vom selben Stapel auch ihre Handkarten erhalten, ist es sehr unberechenbar, auf welche Kartenfarben man noch Zugriff bekommen wird und auf welche nicht. Dieses Heraufsetzen des Zufallsanteiles ist für ein Kartenspiel legitim - doch leider wurde die Komplexität nicht wesentlich heruntergebrochen. Das Zusammenwirken und die Ausführung der diversen Aktionen ist nicht leicht zu überschauen, zumal der Verlag eine Übersichtskarte offenbar als nicht notwendig erachtet hat. Die Frage, welche sich nun stellt, ist:

  • Wenn der Erklär- und Lernaufwand nur minimal geringer ist, als beim großen Vorbild, und man bei diesem noch durch die Symbolik auf dem eigenen Spielplan unterstützt wird...
  • wenn zudem noch der Reiz geringer ist, da eine Differenzierung der Spielweisen entfällt, weil diese sich ohne unterschiedliche Spielpläne und unterschiedliche Sonderfunktionen (gelbe Plättchen im großen Spiel) nicht ergibt...
  • wenn der Zeit- und Platzaufwand nur unwesentlich geringer ist, als der des Vorgängers und das Spiel sich daher, abgesehen vom Schachtelformat, kaum als reisetauglich erweist und einen entsprechend großen Tisch benötigt...
  • ...wofür brauche ich dann dieses Kartenspiel?! Ja, es ist gut, ja, es spielt sich, hat man die Lernkurve einmal überwunden, flüssig - aber das alles trifft auf den großen Bruder auch zu, und der ist schlichtweg reizvoller.

Angefangen von der nahezu identisch übernommenen (und immer noch unattraktiven - Bubu war ein Erfolg trotz und nicht wegen seiner Grafiken...) Gestaltung, hin zu Komplexität und Lernaufwand ist es alea aus meiner Sicht nicht gelungen, das Kartenspiel weit genug vom Original zu entfernen. Dessen Schatten erweist sich selbstverständlich als übermächtig, wenn man sich spielerisch nicht aus diesem herauszutreten wagt.
Fazit: Gut spielbar, aber nur eine Alternative, wenn kein großes Bubu verfügbar ist. (fk)

Steckbrief
Die Burgen von Burgund - Kartenspiel
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Stefan Feld alea 1 - 4 Spieler ab 12 Jahre 30 - 60 Minuten Harald Lieske