FlorenzaFlorenza

Ihr habt einen runden Tisch mit mindestens 140 cm im Durchmesser? Ihr habt Augen wie ein Adler, um aus über einem Meter die Abbildung kleiner Plättchen erkennen zu können? Wenn nein, so habt ihr wenigstens ein Gedächtnis wie ein Elefant, um euch die Position der vielen Gebäudeplättchen zu merken? Ihr habt zudem ca. drei Stunden Zeit? Ihr wollt Florenza spielen!!

Tisch mit 1,20m DurchmesserFlorenza, das erste Spiel des eigens dafür gegründeten Verlags Placentia Games, in Deutschland im Vertrieb von Heidelberger, ist einigen Bekannten auf der Messe in Essen positiv aufgefallen. Auch war es dort in der Bewertungsliste von fairplay aufgeführt, so dass ich mir vorgenommen hatte, Florenza näher kennen zu lernen. Und tatsächlich, ich muss mein Vorhaben nicht bereuen. Allerdings, die äußeren Umstände schrecken zunächst einmal ab. Da ist der sechsseitige Plan mit über 50 cm Durchmesser, die Spielertableaus mit 20 x 20 cm, ein ebenso großes Zähltableau, die absolut notwendige Spielhilfe, Platz für bis zu 15 normal große Künstlerkarten, die zugehörigen Personenplättchen im Stoffbeutel, Spielreihenfolgekarten, Ruhmespunktzertifikate, Geldchips, sechs verschiedene Rohstoffe, Spielermateriel. Oh Mann, der Tisch kann gar nicht groß genug sein. (Das Bild zeigt meinen Wohnzimmertisch, Durchmesser 120 cm. Aufgebaut ist für vier Spieler, aber es fehlen noch das Material für den roten und grünen und deren Spielhilfen.) Andererseits aber Gebäudeplättchen, die man auf sein Tableau ablegt von 3,5 x 3,5 cm Größe, wobei die wichtige Information, die Gebäudenummer auf 6 x 6 mm zusammengedrängt ist. Die Information ist deswegen so wichtig, weil auch die Gebäude der Konkurrenten genutzt werden können. Wo lag jetzt nochmal die Cava, die zwei Marmor bringen würde.

DuomoGebäude: CassamentoZunächst einmal gilt es, mit einem bescheidenen Grundstock an Rohstoffen und Geld das eigene Stadtviertel zu entwickeln. Dabei geht es dann schon los. Sollte man mehr auf Gebäude setzen, die Rohstoffe oder mehr auf Gebäude, die Arbeiter und Geld bringen. Denn für jede Aktion (Gebäude bauen oder nutzen, Markt, Schaffung eines Kunstwerks, etc.) wird ein Arbeiter gebraucht. Ein Gebäude braucht aber auch Rohstoffe und/oder Geld, so dass der Typ des Gebäudes sich manchmal zwangsläufig aus den vorhandenen Gegebenheiten ergibt. Die oben erwähnten Kunstwerke sind mit dem Bauen von Gebäuden vergleichbar, nur dass hier noch ein Künstler gebraucht wird, der natürlich auch ein Salär fordert. Zudem muss er eine von drei bestimmten Stilrichtungen beherrschen, aber manchmal sind die benötigten Künstler rar gesät. Dann muss man auf unerfahrene, billige Gesellen zurückgreifen, die jedoch dem Kunstwerk kaum Ruhmespunkte (s.u), sprich Siegpunkte entlocken können.

Gebäude: CavaDie meisten der normalen Gebäude bringen beim Bau Ruhmespunkte. Kunstwerke tun das auf jeden Fall auch, je renommierter (teurer) der Künstler desto mehr. Darüber hinaus bringen sie aber auch noch andere Vorteile, wie permanente Ruhmespunkte, Bischofspunkte, Arbeiter oder bei der Bank Gold. Bischofspunkte wirken sich auf die Spielreihenfolge und später auf die Siegpunkte aus. Also nur in Kunstwerke investieren, schließlich können Rohstoffe ja bei der Konkurrenz besorgt werden. Na ja, erstens kostet das Ruhmespunkte (also Siegpunkte) , zweitens sind so viele Rohstoffe extern gar nicht zu besorgen. Daher kann es nur ein behutsames Entwickeln des eigenen Stadtviertels mit genauer Beobachtung der Schritte der Anderen geben. Und eine nicht allzu schlampige Planung. Denn was nützt es, wenn ich die Capella verschönern möchte, mir aber die Rohstoffe fehlen oder kein geeigneter Künstler zur Hilfe bereit ist oder das Geld nicht reicht? Manchmal hilft der Markt, aber dann ist vielleicht kein Arbeiter da um ihn zu bedienen.

Ausschnitt des SpielertableausKünstler: LeonardoIch kann und will gar nicht auf alle Aspekte des Spiels eingehen. Nur noch der Hauptmann sei noch näher erwähnt. Wer am Ende einer Runde die meisten Ruhmespunkte hat wird Hauptmann. Damit ist man in der Spielreihenfolge vorne und kann sich z. B. bereits einen Künstler sichern, was ein großer Vorteil sein kann. Aber die Ruhmespunkte werden dann in Siegpunkte umgewandelt, so dass in der nächsten Runde höchstwahrscheinlich ein Anderer Hauptmann wird. Eine Regel, die mir sehr gut gefällt. Wie gesagt, ich könnte noch auf viele Aspekte eingehen. Diese so auszubalancieren, dass ein Optimum herausgeholt werden kann, ist selbstverständlich schwierig. Daher wird in einer ersten Partie öfter ein Fragezeichen vor dem Gesicht auftauchen. Davon darf man sich allerdings nicht abschrecken lassen. Die zweite Partie sieht schon besser aus. Florenza sollte man aber nicht unbedingt zu zweit spielen, da dann für meinen Geschmack zu wenig Konkurrenzgeschehen herrscht, was sonst einen großen Teil das Spielspaß ausmacht, und auch zu wenig (Gebäude)Angebote zur Verfügung stehen.

Künstler: DonatelloEin Wort noch zur Spielhilfe, die jedem zur Verfügung steht. Sie ist absolut notwendig, zeigt sie doch für jedes Gebäude die Kosten und den Ertrag. Aber um Florenza vernünftig spielen zu können und die Spieldauer auf zwei Stunden zu beschränken, müsste sie noch um einen abwaschbaren Teil ergänzt werden, auf dem notiert werden kann, wer welches Gebäude errichtet hat. Dann entfielen die schweifenden Blicke auf der Suche nach den Benötigten Gebäuden oder die verzögernden Fragen wie ‚Hast du die Goldmine und ist sie noch frei?' Vielleicht fühlt sich ja jemand zum Bastler berufen. Aber nein, auf BoardGameGeek findet sich ja schon ein entsprechendes Dokument.

Ausschnitt der ÜbersichtstafelGerne würde ich die zusätzliche Spielhilfe auch gebrauchen, aber Mitspieler zu finden wird schwer. Für einen normalen Spielabend schrecken die Spieldauer und die Komplexität ab, bleibt also oft nur ein mehrtätiger Spieletreff. Und da treffen sich in der Regel nur die Vielspieler. So ist denn Florenza eindeutig ein Spiel für diese Klientel, die aber damit sehr gut bedient ist. Mir hat Florenza, nachdem ich mich an die äußeren Umstände gewöhnt hatte (ich habe glücklicherweise ein relativ gutes Mittelzeitgedächtnis), sehr gut gefallen. (mw)

Steckbrief
Florenza
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Stefano Groppi Placentia Games 2 - 5 Spieler ab 14 Jahre ca. 150 Minuten Ivan Zoni, Valeria Gobbi, Daniele Zurla