My IslandMy Island

2020 gab es My City, ein Legacy-Spiel für Familien, das es bis zu einer Nominierung zum Spiel des Jahres gebracht hat. My Island ist der Nachfolger, der das Legacy-System von My City übernommen hat, jedoch völlig andere Aufgaben stellt.

Das Legacy-System ist denkbar einfach. 24 Spiele sind in acht Kapiteln zusammengefasst. Nach jeweils drei Spielen öffnen die Spieler einen Umschlag. Dieser enthält neue Regeln (mit neuen Wertungen) und dafür benötigtes Material.
Das Spiel selbst folgt auch einem simplen Ablauf. Jeder Spieler besitzt eine Insel und für das erste Kapitel Spielsteine, die aus zwei bis vier Sechsecken zusammengesetzt sind. Per Karten wird einer dieser Steine bestimmt. Diesen legen wir auf unsere Insel. Ab dem zweiten Stein muss mindestens eine der vier Landschaften (Häuser, Äcker, Mauern, Wege) an eine gleiche der schon liegenden Steine angrenzen. Das Kapitel bestimmt, wofür es im Spiel und an dessen Ende Punkte gibt. Der Sieger erhält zwei Siegpunkte. Ab drei Spieler erhält der Zweite einen Siegpunkt für die Gesamtwertung. Weitere Zusätze fördern die Spieler auf den hinteren Plätzen oder behindern den Sieger.
Spiel für Spiel, Kapitel für Kapitel spielen wir und bekommen immer andere Regeln, die meist mehr Möglichkeiten bieten. Wenn alle acht Kapitel gespielt sind, steht ein Gesamtsieger fest. Danach gibt es immer noch ein normales Spiel mit einzelnen Partien.

Bei uns war der Ablauf auf der Insel sehr merkwürdig, denn wir hatten ein zweigeteiltes Erlebnis. Die ersten vier Kapitel bringen neues Material und neue Regeln, sind jedoch von nur geringer Komplexität. Wir, meine Frau und ich, hatten viel Spaß bei diesen zwölf Spielen und ein ausgewogenes Ergebnis. Am Ende jedes Kapitel betrug der Vorsprung eines Spielers maximal zwei Siegpunkte.
Mit dem fünften Kapitel wurde das Spiel deutlich komplexer. Es gab mehr Wertungen und diverse Baumöglichkeiten, die etwas auslösten. Bei uns lief das Spiel einseitig. Mir gelang das zentrale Element des Kapitels im ersten Spiel deutlich besser.
So hatte ich im zweiten Spiel dann weniger Vorgaben, im dritten Spiel keine mehr und konnte rein auf Punkte spielen. Sie brauchte bis zum dritten Spiel, um die Aufgabe zu erfüllen und verlor dadurch alle drei. Dies war das erste Kapitel, bei dem ein Spieler alle drei Partien verlor. Es gab Kompensationen, und so machten wir uns auf in das sechste Kapitel.

Trotz der Kompensationen änderte sich das Bild nicht. Ich gewann weiter; die Kompensationen reichten nicht aus, das Ergebnis ausgewogen zu gestalten. Das Gesamtspiel war einseitig geworden. An Ende von Kapitel 6 schauten wir in die Regeln zu Kapitel 7. Auf der Spiel ’23 erzählten wir am Kosmos-Stand von unserem Erlebnis. „Spielt weiter“, hieß es, es kommt noch ein großes Abschlusselement, mit dem der Gesamtsieg immer noch für beide erreichbar ist. Wohlgehört und umgesetzt. Wir spielten das erste Spiel von Kapitel 7. Die neue Wertung endete 16:6 für mich. Das Bild aus Kapitel 5 und 6 setzte sich fort.
Wir beschlossen, hier zu stoppen und schauten in die Regeln von Kapitel 8. Dadurch lernten wir die Abschlusswertung kennen und wussten über die Bedeutung des 16:6 Bescheid. Obwohl das Abschlusselement eine Aufholjagd ermöglicht, sah es mit dem klaren Sieg nicht danach aus. Wir gingen in die Analyse über.

Bei einem Legacy-Spiel haben Spieler nur eine Chance, das Spiel zu spielen. Wir überlegten die Ursachen. Eine Vermutung bestand darin, dass der Verlauf von Kapitel 5 sehr unglücklich war und die dort gewährten Kompensationen nicht ausreichten. Eine andere Vermutung war die erhöhte Komplexität. Konnte es sein, dass ich mit ihr besser zurechtkam als meine Frau? Vielleicht waren es auch viele kleine Umstände: Manches für die Insel wird ausgewürfelt. Es kann ebenso sein, dass viele Kleinigkeiten marginal bei meiner Frau schlechter waren als bei mir. Wir werden nie erfahren, was uns in diese verflixte Situation gebracht hat. Wir wissen nur, dass es bei uns ab Kapitel 5 sehr einseitig verlief.

Was können wir nun über das Spiel aussagen? Mehr als 12 Spiele, die Einseitigkeit war zu Beginn von Kapitel 5 noch nicht klar, hatten wir viel Spaß mit der Insel. Das Spiel an sich gewährte ihn auch weiterhin, doch die Ergebnisse erzeugten Frust. Selbst für mich als Sieger war es langweilig, weil keine Spannung aufkam.
Mit dem Erlebnis kann ich das Spiel nicht uneingeschränkt empfehlen, obwohl es in der ersten Hälfte sehr gut unterhalten hat. Ich möchte mich auch nicht dagegen aussprechen, weil ich nur einen Verlauf des Legacy erfahren habe. Wäre das Ergebnis bei uns spannender, wir hätten vollen Spaß gehabt. Eine Aussage kann ich aber dennoch treffen: Wer mit My City Spaß hatte, wird ihn hier von Spielablauf genauso haben. Die Spiele sind sich ähnlich. Dabei wird genug Neues geboten, um neue Erlebnisse zu bieten. (wd)

Steckbrief
My Island
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Reiner Knizia Kosmos 2 - 4 Spieler ab 10 Jahre ca. 30 Minuten Michael Menzel