TatsuTatsu

Backgammon war einst ein Mitbringsel meiner Schwester aus dem Türkei-Urlaub. Dort hatte eine Freundin es ihr beigebracht und sie haben es am Strand rauf und runter gespielt. Zurück in der Heimat brachte sie es mir bei, und ich mochte es schnell sehr gerne. Jedoch hatte ich selten eine Chance gegen mein Schwesterherz: Obwohl bei Backgammon die Bewegung ausschließlich durch Würfel gesteuert wird, setzt sich in der Regel die größere Erfahrung und überlegtere Handlungsweise durch.
Als HUCH! & friends im Frühjahr ein Zweipersonenspiel mit Backgammon-Mechanismen ankündigte, musste ich einfach zugreifen - ist deren Verwendung doch eher spärlich gesät. Zudem zeichnete Autor John Yianni einst für das hervorragende Hive aus dem gleichen Hause verantwortlich, was die Erwartungen noch höher trieb. Konnte Tatsu ihnen gerecht werden?

Beginnen wir mit dem, was einem aufgrund des transparent gehaltenen Schachteldeckels direkt ins Auge fällt: Wie einst Hive, hat auch Tatsu tolles Spielmaterial in Form geprägter Bakelitsteine. Diese zeigen in den beiden Spielerfarben drei verschiedene Arten von Drachen: Rankendrachen, Wasserdrachen und Feuerdrachen. Diese werden auf einem zweireihigen, kreisförmigen Spielfeld aufeinander losgelassen. Dabei ziehen die Drachen des einen Spielers im, die anderen gegen den Uhrzeigersinn. Beendet ein Drache seine Bewegung auf einem durch einen gegnerischen Drachen belegten Segment, wendet er als Angreifer seine individuelle Spezialfähigkeit auf ihn an: Rankendrachen halten das feindliche Untier an Ort und Stelle fest; der Gegenspieler kann es jedoch durch Verzicht auf den höheren Teil eines Würfelwurfes befreien. Wasserdrachen schicken den Widersacher zurück in den Vorrat, Feuerdrachen vernichten ihn unwiderruflich. Das Spiel ist gewonnen, sobald der Gegner keinen eigenen Drachen mehr in der Arena oder dem Einspielbereich hat, oder man alle seine Drachen einer Sorte vernichtet hat.

Bedauerlicherweise klingt das wesentlich spannender, als es im Spiel ist. Ein Großteil einer Partie Tatsu besteht daraus, dass die Drachen umeinander kreisen, ohne dass etwas passiert. Das Ganze ist vergleichbar mit einem Fußballspiel, bei welchem beide Mannschaften auf Konter spielen wollen - es plätschert dahin, und Tore fallen entweder als Zufallsprodukt oder durch Fehler des Gegners. So auch hier: Selten kann man einen mehrschrittigen Angriff durchführen, häufig ist man auf genau passende Würfelwürfe oder Schlafmützigkeiten des Gegners angewiesen. Vielleicht erwischt man aber auch einen Opponenten, der auf Angriff spielen möchte - dann kann man schon einmal den Siegesschampus kaltstellen, denn bei Tatsu gilt: Wer wagt, verliert! Die Plausibilität einer defensiven Spielweise lässt es erstarren, wobei die angegebene Spieldauer von 30 Minuten locker überschritten wird. Negativer Höhepunkt hierbei war eine Partie, in welcher meine Gegenspielerin anfangs derart unbedarft agiert hat, dass mein Sieg nach zehn Minuten quasi schon feststand - es aber, ob ihrer dann umsichtigeren Spielweise, noch eine weitere Stunde dauerte, bis dieser unter Dach und Fach war, ohne, dass sie sich jemals aus ihrer verhängnisvollen Lage hätte befreien können.

Einleitend war die Rede von Backgammon und Hive. Beides sind Spiele, welche ich Tatsu jederzeit vorziehen würde: Sie sind spannend, kurzweilig und vorwärtsgerichtet. Tatsu hingegen ist das genaue Gegenteil. (fk)

Steckbrief
Tatsu
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
John Yianni Huch & friends 2 Spieler ab 8 Jahre ca. 30 Minuten John Yianni