Edel, Stein und Reich

Nein, es ist wirklich nicht so, dass nur noch überarbeitete Neuauflagen älterer Spiele erscheinen. Eher ist es Zufall, dass sich nach Löwenherz meine nächste Rezension mit EDEL, STEIN & REICH beschäftigt, einer Überarbeitung des 1998 bei F.X. Schmid erschienenen BASARI von Reinhard Staupe. Auch hier wird es spannend sein zu ergründen, was sich alles geändert hat bzw. gleich geblieben ist. Und als vorweggenommenes Fazit kann ich sagen, dass sich auch hier die Runderneuerung durch den Autor zusammen mit Stefan Brück, seines Zeichens Mister alea, für uns Spieler gelohnt hat. Erwähnenswerte Unterschiede zum Original werde ich versuchen in eckigen Klammern darzustellen.

EDEL, STEIN & REICH, anders zusammengesetzt ergeben sich die Worte Edelstein bzw. steinreich, aber das nur am Rande, ist in der kleinen Serie von alea erschienen, kommt also dementsprechend mit wenig Material aus. Zunächst sind dies je 22 Edelsteine in vier Farben, natürlich aus Kunststoff aber echten Edelsteinen ähnlich sehend. Dann 90 große Karten, aufgeteilt in 30 Edelsteinkarten, 39 Ereigniskarten, 20 Aktionskarten sowie eine Wertungskarte, auf der die Wertigkeiten der roten Rubine, gelben Topase, grünen Smaragde und blauen Saphire in dieser Reihenfolge verzeichnet sind. Und zu guter Letzt noch Geldplättchen aus Pappe. [Basari wäre in der großen alea Reihe erschienen, wurde doch da ein Spielplan gebraucht, der jetzt durch die Edelsteinkarten ersetzt ist. Ereigniskarten gab es keine, dafür aber Spielfiguren, Startplättchen und Würfel.]

Ausgestattet mit je drei Edelsteinen in allen Farben starten die Händler ihren Streifzug über die Edelsteinbörsen zur Mehrung ihres Vermögens. Zunächst erhält jeder eine der Edelsteinkarten von Talon zugeteilt. Diese Karten tragen zwei Informationen. Zum Einen, welche Edelsteine man bekommen würde, zum Anderen wie viel diese wert sind. Dann wird noch die oberste Ereigniskarte aufgedeckt. Diese ist immer positiv für die Spieler, jedoch nicht unbedingt alle können sie gleich gut gebrauchen. Sie bringt entweder bei der Wertung am Ende eines Durchgangs (siehe unten) oder sofort Vorteile, wenn z.B. von jedem Mithändler ein Edelstein entfernt werden darf oder etwa drei Edelsteine einer Farbe aus dem Vorrat genommen werden dürfen. Mit den Informationen der offen liegenden Karten und auch den stets offenen Besitztümern der Konkurrenten entscheidet man sich nun verdeckt für eine der drei Aktionen (bzw. eine der vier bei fünf Mitspielern).

  • Geld: Man erhält soviel Geld aus der Bank, wie auf der eigenen Edelsteinkarte angegeben ist.
  • Ereignis: Man nimmt die offene oder (!) die oberste verdeckte Karte und führt sie gegebenenfalls sofort aus.
  • Edelsteine: Man nimmt die auf der eigenen Karte abgebildeten Edelsteine aus dem Vorrat
  • (Freie Wahl: Man gibt einen Edelstein ab und erhält dafür zwei andere.)

[Bei Basari gab es auch die Aktionen Geld, dort als Punkt, und Edelsteine. Dazu noch die Aktion Würfeln, um seinen Händler möglichst schnell vorwärts zu bewegen und dafür Sonderpunkte zu bekommen, sowie direkt die Differenz zu 6 als Punkte zu kassieren. Die Edelstein'karte' wurde durch die Position der Spielfigur auf dem Basar bestimmt.]

EdelsteinkarteDas Ganze wäre noch doch etwas simpel, gäbe es nicht folgende Ergänzungen. Eine Aktion kann ohne Einschränkungen durchgeführt werden, wenn kein (!) anderer Händler sie ebenfalls gewählt hat. Haben drei oder mehr dieselbe Aktion ausgesucht, kann niemand sie durchführen. Zwei Spieler mit derselben Aktion müssen darum feilschen, wer sie ausführen darf. Das Schema ist einfach, denn als Verhandlungsgegenstand stehen nur Edelsteine zur Verfügung. Derjenige mit mehr höherwertigen Steinen (in der Regel also roten Rubinen) macht das erste Angebot. Sein Handelspartner kann dies nun annehmen und damit das Recht, die Aktion ausführen zu dürfen, abtreten oder ein besseres Gegenangebot machen. Besser heißt, er bietet mehr Edelsteine oder höherwertige. Das Feilschen kann theoretisch sehr lange dauern, aber nach drei, vier Erhöhungen wird doch das Kosten-Nutzen Verhältnis so ungünstig, dass man lieber das aktuelle Angebot annimmt.

Kosten-Nutzen Verhältnis? Ja, denn wenn die 30 Edelsteinkarten aufgebraucht sind, bei vier Mitspielern also nach sieben Runden, ist ein Durchgang zu Ende und es kommt zur Wertung. Für die Mehrheit in den Edelsteinsorten gibt es dann acht bis 14 Millionen, aber die Hälfte der Edelsteine muss abgegeben werden, damit es im nächsten Durchgang schwieriger wird, erneut die Mehrheit zu erlangen. [Bei BASARI waren es nur drei Edelsteine, die abgegeben werden mussten.] Bei Gleichheit wird der Ertrag entsprechend geteilt, allerdings müssen dann auch nur zwei Edelsteine abgegeben werden. Zusätzliches Geld kommt durch die Ereigniskarten herein, wenn es z.B. für jeden gelben Topas eine Million extra gibt, oder die alleinige rote Mehrheit 8 Millionen bringt, so man denn die Mehrheit hat. Nach drei Durchgängen werden die Edelsteinbörsen geschlossen. Müßig zu erwähnen, dass der Händler mit dem meisten Geld zum Sieger ausgerufen wird.

Die Highlights im Spielablauf sind eindeutig die Auswahl der Aktionen und das sich gegebenenfalls anschließende Feilschen. Wie bereits oben erwähnt stehen allen alle Informationen zur Verfügung. Eigentlich wäre ja die Aktion Edelsteine für mich optimal, um die grüne Mehrheit zu erlangen. Aber mein Gegenspieler wird es verhindern wollen und mich in ein teures Bietduell zwingen. Da ich das aber nun weiß, dass er das weiß, werde ich wohl eine zweitbeste Alternative wählen. Da er aber weiß, dass ich weiß, das er weiß .... Die Amerikaner haben für diese Art der Entscheidungsfindung einen schönen Ausdruck: Think and Double Think. Es ist immer wieder schön, Verblüffung, Ärger und manchmal Schadenfreude zu sehen, wenn sich nach dem Aufdecken unerwartete Konstellationen ergeben. Man kann sich halt auf Nichts verlassen. Eine nicht unbedeutende Ausnahme bildet allerdings die Aktion Freie Wahl. Hierbei bekommt man immer (!), auch wenn sie mehrfach gewählt wurde, einen Edelstein nach freier Wahl. Da lohnt es sich vielleicht auf eine andere Aktion zu verzichten, um mit dem einen Edelstein eine Mehrheit zu sichern. Auch beim Feilschen sind einige vertrackte Fragen zu beantworten. Welche Edelsteine kann ich anbieten, um nicht die Mehrheit in der einen oder anderen zu gefährden? Soll ich das Angebot annehmen oder würde noch ein besseres herauszuschlagen sein? Ist die Aktion den Verlust der Mehrheit in einer Edelsorte wert?

Zum Sieg bei EDEL, STEIN & REICH gibt es verschiedene Erfolg versprechende Taktiken. Natürlich springt als Erstes das Sammeln von Edelsteinmehrheiten ins Auge. Zweistellige Millionenbeträge sind nicht ohne. Also nur Edelsteine sammeln? Nein! Denn nur zweimal Geld kassieren, kann genau soviel einbringen wie eine Mehrheit. Und dann gibt es auch noch Zusatzgeld durch die Ereigniskarten. Also ganz auf Edelsteine verzichten? Wieder nein! Denn ohne Edelsteine ist man beim Feilschen, dem man sich nie ganz entziehen kann, leicht erpressbar und hat somit nur wenig Chancen erfolgreich zu agieren. Folglich wird in den meisten Fällen eine Mischtaktik nach dem Motto "zum richten Zeitpunkt das Richtige tun" am sinnvollsten sein.

WertungskarteObwohl das Spiel auch zu dritt funktioniert macht es zu viert oder in voller Besetzung eindeutig mehr Spaß, da die Aktionsphasen abwechslungsreicher und interessanter verlaufen. Die gelungene Mischung aus Glück und taktischer Überlegung kommt dann einfach besser zur Geltung. Auch kommt die Interaktion nicht zu kurz, denn wer viel redet oder jammert kann seine Konkurrenten vielleicht in die Irre führen. BASARI war 1998 auf der Auswahlliste zum Spiel des Jahres. Wenn die Jury es wirklich ernst meint mit ihren Entscheidungen kommt sie gar nicht umhin, EDEL, STEIN & REICH dieses Jahr zumindest auch auf die Auswahlliste zu setzen. Zum einen hat der Autor die Schwächen bei BASARI, dem Figurenrundlauf und die Würfelei beseitigt und durch die Ereigniskarten noch mehr Pep ins Spiel gebracht. Und zum anderen sehe ich nicht die zehn Spiele dieses Jahrgangs, die es eher verdient hätten. (mw)

Steckbrief
Edel, Stein und Reich
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Reinhard Staupe alea 3 - 5 Spieler ab 8 Jahre 45 - 60 Minuten Oliver Freudenreich