Saustall – Kommissar Kluftingers schwierigster FallSaustall – Kommissar Kluftingers schwierigster Fall

Seit ich in einer Richtung 60 Kilometer zu meiner Arbeitsstelle fahren muss, sind Hörbücher im Auto ein absolutes Muss und Genuss geworden. Und so bin ich auch irgendwann auf die Allgäukrimis mit dem sehr menschlichen Kriminalkommissar Kluftinger aufmerksam geworden. Der Columbo von Altusried löst seine Fälle in einer sehr jovialen Art, zeigt dabei aber auch die eine oder andere Schwäche und kann einem Fettnäpfchen nur schwer ausweichen. Die Hörbücher sind auch deshalb so gut, weil sie von den Autoren, Volker Klüpfel und Michael Kobr, selbst gelesen werden, mit Allgäuer Dialekt. Das macht ein gehörtes 'Kreuzkruxifix noch mal' Kluftingers zu einem ungleich schönerem Vergnügen als ein gelesenes. Ich kann die Hörbücher uneingeschränkt empfehlen. Sie sind einfach klasse. Genauso gut soll der vom Bayrischen Rundfunk produzierte Fernsehfilm sein, leider konnte ich den noch nicht sehen. Und nun ein Spiel Saustall, Kommissar Kluftingers schwierigster Fall, erdacht von Erfolgsautor Michael Rieneck.

ÜbersichtIch bin fast geneigt zu sagen, dass ein Spiel, bei dem ein Täter ermittelt werden muss natürlich einen deduktiven Charakter haben muss. So ist es hier auch, aber anders. Es wird nicht ein Täterprofil (Person, Geschlecht, Motiv) von vornherein zufällig bestimmt, das es dann zu ermitteln gibt, sondern die Spieler bestimmen durch ihre Spielweise, wer letztendlich der Täter ist. Hört sich interessant an und ist es auch. Aber wie funktioniert es? Jeder hat 15 Verdachtsplättchen zur Verfügung (acht Personen, vier Motive, zwei Geschlechter und ein Unfallplättchen, wenn sich dann doch herausstellen sollte, dass es kein Mord war). Mit dreien davon begründet er einen Anfangsverdacht, die restlichen Plättchen kommen auf eine Ablagebank. Jeder Spieler erhält ein Personenplättchen zugeteilt, die anderen wandern ins kriminaltechnische Labor. Bei Spielende wird dieser Stapel von oben nach unten aufgedeckt. Die erste Person, die verdächtigt ist, ist der Täter mit dem zugehörigen Motiv und Geschlecht.

Eine Person ist nicht verdächtig, wenn ein Alibi (durch eine Alibikarte wird eine Person an einen von acht Orten gelegt) durch eine Zeugenaussage für das gleiche Geschlecht (auch diese Aussage wird durch eine Karte vorgenommen) bestätigt wird. Wird also zur Gastwirtin Rosi Reichler beim Schwimmbad eine Zeugenkarte Schwimmbad/Frau gespielt, kann sie nicht der Täter sein. Auch wird dann ein bei der Gastwirtin liegendes Motiv unwahrscheinlicher. Genau andersherum wäre es, wenn eine Zeugenkarte Schwimmbad/Mann gespielt würde. Auch die andere Reihenfolge ist denkbar. Eine Zeugenaussage liegt zuerst und dann wird eine Person zugeordnet (gleiches Geschlecht = unverdächtig, anderes Geschlecht = verdächtig).

BankSolche Informationen sind wichtig, denn am Ende einer Runde bewegt sich Kluftigers alter Passat ein Feld Richtung Ziel und man muss ein oder auch mal zwei Plättchen von seiner Ablagebank entfernen. Diese(s) Plättchen kommen dann nicht mehr für das Täterprofil in Frage. Beim ersten Mal ist es noch einfach. Das Plättchen, das die zugeteilte Person zeigt, wird entsorgt. Dann sind weitere Informationen sehr gefragt. Die kriegt man auch im Polizeipräsidium, bei der Teambesprechung, bei der man ein fremdes Personenplättchen anschauen darf. Oder durch einen Laborbesuch, bei der das oberste Personenplättchen angeschaut werden darf, um es dann unten wieder einzuordnen. Solche Aktionen darf man durchführen, wenn man eine Zeugenaussage machen will, die schon gemacht ist (darum hält man Zeugenaussagen gerne zurück) oder man eine Lodenbacher-Karte spielen kann. Lodenbacher übrigens ist der penible Chef von Kluftiger. Die wichtigste Aktion im Polizeipräsidium ist aber wohl die Büroarbeit, bei der ein ausgelegtes Plättchen des Täterprofils mit einem von der Ablagebank getauscht werden kann. Wie gesagt, man kann zwar versuchen darauf hinzuarbeiten, dass der Anfangsverdacht passt, er gibt sozusagen eine Richtung vor, aber man wird doch auch austauschen müssen, insbesondere wenn man z.B. mehrere Personen herausgelegt hat.

Die Ermittlungsarbeit der Kollegen kann man auch aktiv stören, indem Ihnen beim Spielen einer Karte eine Verpflichtung Kluftingers präsentiert wird (Tanzkurs, Laienspielgruppe o.ä.). Dann kann der Kontrahent die Verpflichtung gegen Übergabe der Karte und damit Abgabe der Aktion wahrnehmen oder er handelt sich ein Fettnäpfchen (-2 Punkte) ein, darf aber die Aktion machen. Eine manchmal schwierige Entscheidung, immer abhängig von der jeweiligen Spielsituation. Richtige Plättchen in Täterprofil bringen positive Punkte, neun (Person), fünf (Motiv) bzw. drei (Geschlecht).

Alibi Fettnapf Andrea Zeuge

Saustall ist anders als andere Deduktionsspiele. Dadurch dass man aktiv ins Geschehen eingreifen kann, ist man immer mitten drin. Schade nur, dass man durch die Karten in der Hand etwas in seiner Ermittlungstätigkeit gebremst werden kann. Aber so ist das halt mit der Polizeiarbeit. Aber dafür hilft auch mal der Zufall, wenn ein Kollege z.B. ein Motiv, ob bewusst oder nicht, obsolet macht. Natürlich können auch falsche Fährten gelegt werden, in dem man eine Person verdächtig macht, die es ganz bestimmt nicht sein kann. Kann man die Kontrahenten zu fehlerhaften Schlüssen verführen, so dass sie die falschen Plättchen entsorgen?

Saustall macht eine Menge Spaß - nach der ersten Partie. Die ist nämlich nötig, um ein Gefühl dafür zu bekommen, was man wie machen kann, um blindes Tippen beim Weglegen der Plättchen möglichst zu vermeiden. Saustall funktioniert in jeder Besetzung, zudem geht es ruckzuck. Wenn nicht zuviel gegrübelt wird, kann nach einer halben Sunde eine weitere Partie beginnen. Kommissar Kluftigers schwierigster Fall ist auf jeden Fall auch etwas für den, der bisher nicht mit dem Allgäuer in Berührung gekommen ist. (mw)

Steckbrief
Saustall – Kommissar Kluftingers schwierigster Fall
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Michael Rieneck Huch & Friends 2 - 4 Spieler ab 10 Jahre ca. 60 Minuten Victor Boden