Kopf an KopfKopf an Kopf

In der Prisma, dem Wochenmagazin zur Zeitung, das vielen Tageszeitungen, vielleicht auch unter anderem Namen beiliegt, gab es in der 29. Woche einen Artikel darüber, wie schlecht es doch in Deutschland dem Galopprennsport, ja dem Pferderennsport allgemein geht. Eine immer weiter abnehmende Zahl auch Prestige trächtiger Rennen, die Schleißung von Bahnen, schwindende Umsätze am Totalisator, es wurde eine düstere Zukunft gemalt. Pferderennen sind halt in der heutigen, deutschen Gesellschaft nicht verankert.

Start des RennensUnd ganz ähnlich sieht es bei der spielerischen Umsetzung des Themas aus. Wann ist zuletzt ein gutes Pferderennspiel herausgekommen? Mir fällt da nur 'Turfmaster' von AZA ein, aber das wird kaum jemand kennen. Die neuste Errungenschaft nennt sich Kopf an Kopf, Untertitel Tippen, Flitzen, Tricksen. Sie lässt spannendes Renngeschehen erwarten und passt sich doch nur der realen Situation des Pferderennsports an. Und das, obwohl der Autor, Chris Handy, aus einem Land (USA) kommt, in dem die Sportart mehr Stellenwert besitzt.

Karte :HandgeldDer Spielplan hält für alle zehn immer an den Start gehenden Pferde eine gleichlange Bahn von 20 Feldern vor. Gleichlange Bahnen? Wie ist dann noch tricksen möglich? Na, kaum bis gar nicht. Kein Schneiden eines Konkurrenten beim Überholen, kein Einklemmen eines Pferdes auf der Innenbahn, Am Ehesten vielleicht noch mit den Aktionskarten, die sich in Bewegungskarten (Pferd 6 zwei Felder vor) und Geldkarten (kassiere 5€ oder 10€ wenn ...) aufteilen. Drei dieser Karten hat man zu Beginn, dazu noch 25€. Flitzen tut ein Pferd durch einen Würfelwurf mit zwei Würfeln. Einer bestimmt das Pferd, der andere (1,1,1,1,2,3) die Reichweite. Flitzen bei so vielen Einsen? Tricksen bei der Bestimmung des Pferdes durch einen Würfelwurf?

RennenZu den Pferden gibt es entsprechende Karten, die den Kaufpreis, eine besondere Eigenschaft, die Gewinnquoten und die Sprinterleiste zeigen. Die sagt aus, bei welchem Würfelwurf ein Pferd, so es denn im Besitz eines Spielers ist, auch noch vorgezogen wird. Flocke, Pferd Nr. 9, Kosten 20€, hat z.B. die Sprinterleiste 1,3,5,7,8. Napoleon, Pferd Nr. 8, Kosten 15€, nur 2,3,6. Wird also Napoleon gewürfelt zieht auch Flocke vorwärts, nicht aber umgekehrt.

Ein Spielzug besteht immer aus vier Teilen. Zunächst die Sondereigenschaft der eigenen Pferde nutzen, würfeln und ziehen, dann eine Aktion (Karte, Pferd kaufen, wetten, oder zwei Karten gegen 5€ tauschen) und schließlich eine Karte nachziehen. Ziel ist es nicht, als Erster ins Ziel zu kommen, sondern das meiste Geld zu machen. Dabei hilft ein Sieg (100€ für den Besitzer), aber auch durch Wetten kann man Geld machen. Doch dummerweise kann man pro Runde nur 5€ wetten. Die Geldkarten als Aktion sind eher Peanuts.

FlcokeSo und jetzt wird es unangenehm, wir müssen einen Ausflug in die Mathematik machen. Der Bewegungswürfel hat einen Durchschnittswert von 1,5. Also macht Napoleon pro Würfelwurf im Durchschnitt 4/10 * 1,5 = 0,6 Felder. Jetzt Flocke. Seine Sondereigenschaft besagt, dass das Pferd zurückziehen muss, wenn der Besitzer eine 10 würfelt. Also 1/10 * 1,5 = 0,15 zurück beim Besitzer, sonst 6/10 * 1,5 = 0,9 vor. Muss ich jetzt noch erklären, welches Pferd eher im Ziel sein wird?.

GlückszahlDa Flocke das einzige Pferd mit fünf Zahlen in der Sprinterleiste ist, was wird also passieren? Derjenige, der als Erster die Gelegenheit hat, wird Flocke kaufen (und damit höchstwahrscheinlich gewinnen). Bei einer Gewinnquote von 5:1 bei Flocke für den ersten Platz, braucht man schon vier Runden, um mit Wetten ebenfalls auf 100€ zu kommen. 20 Felder ist die Strecke lang, im Schnitt werden also von Flocke etwa 25 Runden gebraucht. Bei fünf Spielern ist jeder also insgesamt nur fünf oder sechs Mal an der Reihe, bei acht vielleicht nur drei Mal. Und warum sollte man Flocke einbremsen, wenn man es überhaupt kann, schließlich kann dann nicht gewettet werden.

Einer gesonderten Bewertung enthalte ich mich dieses Mal, der ganze Artikel ist Bewertung genug. Ein Wort noch zum Material. Es gibt zwar Pferde in drei Farben, aber diese müssen mit Aufklebern für Sattel und Standfuß gekennzeichnet werden. Und warum kleben die so schlecht? Was ich mich abschließend frage ist, warum Kosmos es nötig hat, ein solches Spiel heraus zu bringen. (mw)

Steckbrief
Kopf an Kopf
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Chris Handy Kosmos 2 - 8 Spieler ab 10 Jahre ca. 45 Minuten Karim Chakroun