The Legend of the Cherry TreeThe Legend of the Cherry Tree

Die Zeit der Kirschblüte ist in Japan die Zeit, in der die Hotelpreise steigen und die Touristen trotzdem kommen. Es ist ein prächtiges Naturschauspiel, das ich leider nur von Fotos kenne. Und selbst auf denen ist die Pracht zu spüren. Diese Kirschblüten bilden nun den Hintergrund für ein abstraktes Push-Your-Luck-Spiel.
In einem Beutel befinden sich Kirschblüten in sechs Farben. Weiße, gelbe, rosa, türkise und blaue Blüten – der Botaniker mag ob der Farben die Stirn runzeln – gibt es 18 Mal. Schwarze Blüten, die Joker sind, hingegen nur sechs Mal.

Während des Spiel sammle ich diese Blüten. Die Wertung, die über das Sieg entscheidet, wird ausschließlich am Ende des Spiels durchgeführt. In meinem Spielzug darf ich drei Mal in den Beutel greifen und dabei eine beliebige Menge an Blüten herausholen, zusammen jedoch nicht mehr als acht. Nach jedem Griff wird die Sammlung begutachtet. Zwei Bedingungen führen dazu, dass sie fehlgeschlagen ist. Dann verfallen noch ausstehende Griffe in den Beutel.
Die Gründe für einen Fehlschlag sind drei gleichfarbige Blüten oder fünf verschiedene. Die schwarzen Blüten, die als Joker später besonders gut sind, verhalten sich hier bösartig: Sie nehmen, wenn möglich, eine Farbe an, um einen Fehlschlag heraufzubeschwören. Ich nehme hier bereits eine Bewertung vor. Die Art und Weise, wie ich meine Blüten bekomme, ist spannend, weil es kaum sichere Konstellationen gibt, und erlaubt berechenbare Risiken, weil die Anzahl der möglichen Ausgänge überschaubar ist. Bis hierhin würde das Spiel bei mir in der Top-Liga spielen.

Nun kommt die Aufbewahrung. Bei einem Fehlschlag behalte ich zwei verschiedenfarbige Blüten, allerdings niemals eine schwarze. Ansonsten darf ich alle Blüten eine Farbe, die ich gerade gezogen. habe, hinter den Sichtschirm legen, die anderen davor. Besondere Konstellationen - das sind vier verschiedenfarbige Blüten, zwei Paare oder sechs Blüten - erlauben mir eine Sonderaktion, wenn ich keinen Fehlschlag habe. So erlauben mir vier verschiedenfarbige Blüten, eine Blüte aus den gezogenen oder denen vor meinem Sichtschirm hinter den Sichtschirm zu legen. Das klingt kompliziert? Es ist eine einfache Aktion, nur ist sie nicht intuitiv. Das gilt ebenso für die anderen Aktionen. Zur Erinnerung gibt es Karten, auf denen die Aktionen dargestellt sind. Sie sind leider ebenso wenig intuitiv. So bleibt nur, diese auswendig zu lernen.

Das Spiel endet, wenn der Beutel leer ist. Die Farben vor dem Schirm werden nach Menge abgerechnet. Ein oder zwei Blüten geben Minuspunkte, ab drei gibt es Pluspunkte. Schwarz ist ein Joker. Dabei sind die Wertungsskalen so angelegt, dass die schwarzen Blüten am besten zu der größten Gruppe hinzugefügt werden.
Für die Blüten hinter dem Schirm gibt es eine Mehrheitenwertung. Jeder Spieler teilt dazu seine Blüten in zwei Gruppen auf: Gelb und Rosa als warme Farben sowie Türkis und Blau als kalte Farben. Schwarz ist ein Joker. Und Weiß? Weiß ist hier ebenfalls ein Joker.

Das Spiel funktioniert, ich bin in Versuchung zu schreiben, nahezu perfekt. Das Ziehen ist spannend und geht schnell vonstatten, die Aktionen sind abwechslungsreich und die Wertung gut ausgetüftelt. Dennoch kommt kein Spielfluss und damit keine Spielfreude auf. Der Grund ist simpel. Das Regelwerk ist verkopft, überladen, nicht intuitiv und bleibt trotz einfacher Regeln unzugänglich. Wann darf ich eine Aktion ausführen? Welche war das noch mal? Woher muss ich die Blüte nehmen? Das sind die Fragen, die ich während des Spiels gehört habe. Wieso ist Weiß ein Joker? Das ist die Frage zur Wertung. Niemand stellt sie. Sie steht unausgesprochen im Raum. Jeder denkt sie, keiner weiß, warum Weiß so ist. Es steht in der Regel, die jeder akzeptiert, aber die nicht eingängig ist.

Was bleibt, ist ein Push-Your-Luck-Mechanismus, den ich gern mit intuitiven Regeln und eingängiger Wertung wiedersehen möchte. In diesem Spiel ist er vergeudet. Die eine hochqualitative Zutat landet im Brei aus ungenießbaren Regelzutaten. Wieder einmal ein Moment, in dem ich denke: „Schade drum“. (wd)

Steckbrief
The Legend of the Cherry Tree
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Hinata Origuchi iello 2 - 4 Spieler ab 8 Jahre ca. 20 Minuten Sylvain Sarrailh