ProsperityProsperity

Das Thema "Ökologie" im Spiel - wer den Spielemarkt der letzten Jahre beobachtet hat, könnte meinen, einen kleinen Trend entdeckt zu haben. Man denke da nur an Ginkgopolis (2012), in dem es um den naturfreundlichen Städtebau im Jahr 2212 geht. Aktuell wird auf vielen Spieleseiten im Internet ein Spiel namens "Green Deal" beworben. Hier dreht sich alles um nachhaltiges Wirtschaften. Kein anderes Ziel haben die Spieler im neuen Ystari-Spiel Prosperity (zu deutsch "Wohlstand"), das Reiner Knizia gemeinsam mit dem "Keyflower"-Autor Sebastian Bleasdale ersonnen hat. Wer seine Nation zum größten Wohlstand führt und dabei der Natur möglichst wenig schadet, darf sich Sieger nennen.

SpielertableauZwei bis vier Spieler führen je eine von vier europäischen Nationen durch sieben Jahrzehnte der wirtschaftlichen Entwicklung. Prosperity beginnt im Jahr 1970 und endet in der Zukunft des Jahres 2030. Die Spieler verwalten auf einem Tableau Energie- und Öko-Bilanz ihres Landes, kämpfen gegen die Verschmutzung der Natur und für die Mehrung ihres Wohlstands, sprich ihrer Siegpunkte. Dazu erwerben sie Technologieplättchen, die sie auf farblich passende Felder ihrer Tafel ablegen. In jedem Jahrzehnt kommen jeweils fünf neue Plättchen ins Angebot (2030 sind es davon abweichend sechs). Der Spieler am Zug zieht vom Stapel und löst mit der neu gezogenen Technologie zunächst für alle eine Wertung aus: In einer Dekade wird nach Maßgabe eines aufgedruckten Symbols jede der fünf Kategorien (Energie, Ökologie, Forschung, Kapital und Wohlstand) je einmal gewertet, mit Ausnahme des letzten Jahrzehnts, in der der Wohlstand doppelt gewertet wird. Dabei kann es Belohnungen bzw. Bestrafungen geben, je nachdem, ob die Energie- oder Ökologiebilanz positiv oder negativ ist. Zum anderen wird aber auch das Kapital erhöht, die Forschung vorangebracht oder einfach das Siegpunktkonto aufgestockt. Dazu rechnet jeder Spieler die entsprechenden Symbole auf seinem Tableau zusammen.

diverse PlättchenNach dieser Wertungsphase folgt die eigentliche Aktionsphase, in der dem aktiven Spieler für zwei Aktionen vier Möglichkeiten offenstehen. Einfach sind die ersten drei: Er kann entweder ein Einkommen von 100 Euro beziehen, auf einer von zwei Forschungsleisten voranschreiten oder seine Umwelt sanieren, indem er eine schwarze Scheibe auf der Verschmutzungsleiste entfernt. Das Letztere ist schon darum besonders wichtig, weil so auf dem Tableau weitere Wohlstandssymbole sichtbar werden, die sich dann bei der dazu gehörigen Wertung in Siegpunkten auszahlen. Erreicht man dahingegen das absolute Maximum an Verschmutzung, ist man von dieser Wertung bis zur dringend angeratenen Säuberung ausgeschlossen. Die Forschung wird wichtig mit Blick auf die vierte Aktionsmöglichkeit: den Kauf von Technologien. Auf dem Forschungstableau in der Tischmitte sind zwei Zählleisten für die Forschung auf den Gebieten Energie und Ökologie mit Abschnitten von 1 bis 6 abgebildet. Daneben werden links und rechts die passenden Plättchen als Angebot abgelegt. Die Technologien, die viel Wohlstand, Energie und positive ökologische Wirkung einbringen, finden sich eher in den oberen Stufen. Um diese Plättchen erwerben zu können, muss ein Spieler neben 100 Euro Grundbetrag zusätzlich je 100 Euro pro Stufe entrichten, die höher als sein Forschungsmarker ist. Plättchen auf niedrigeren Stufen kosten dahingegen pauschal nur 50 Euro. Es liegt auf der Hand, dass die Spieler danach trachten, auf beiden Forschungsleisten emporzusteigen, um die lukrativen Plättchen möglichst günstig erwerben zu können. Das zahlt sich dann auch bei der Schlusswertung am Ende des letzten Jahrzehnts aus: Hier gibt es für die Erst- und Zweitplatzierten auf jeder Leiste noch einmal Bonuspunkte. Nachdem die 36 Plättchen gezogen wurden und im Anschluss jede Kategorie nach einem bestimmten Modus noch einmal gewertet wurde, ist der Sieger des Spiels ermittelt.

Prosperity verlangt nach ausgewogener Entwicklung von Energieversorgung und Ökologie. Deshalb muss man bei seinem Spielzug auf die miteinander verzahnten Technologieauswirkungen achten: so hemmt der Ausbau des Umweltschutzes häufig die Energiezufuhr, während die industrielle Entwicklung oft zu Ungunsten der Natur geht. Die Spieler justieren die entsprechenden Anzeigen auf ihrem Tableau nach dem Kauf neuer Plättchen, wobei sie die aufgedruckten Starttechnologien oder bereits in früheren Runden erworbene Technologien überbauen können. Den unterschiedlichen Farben der Plättchen ist ebenfalls Rechnung zu tragen: Während es z. B. von den blauen ("Infrastruktur") recht viele Bauplätze gibt, gibt es für die gelbe Sorte ("Versorgung") nur einen Ablageort. Darüber hinaus sind bestimmte Felder erst dann verfügbar, wenn auf darüber liegenden bereits Plättchen platziert wurden. Zudem sollte man die unterschiedlichen Ausrichtungen der zwei Sorten von Technologien in seinen Erwägungen berücksichtigen: Energieplättchen fördern vor allem die Kapitalmehrung, ökologische Technologien sind oft gepaart mit Symbolen für die Forschungswertung. Überhaupt lernen die Spieler recht bald, die eigene Auslage auf die kommenden Wertungen des Jahrzehnts abzustimmen: Wenn z. B. von den fünf Plättchen nur noch die Technologie mit Energie- und Kapitalwertung gezogen werden können, mag es sinnvoll sein, neue Plättchen mit korrespondierenden Wertungssymbolen zu erwerben. Gleichzeitig ist es ein Wagnis, in bestimmten Kategorien ins Negative abzurutschen, bevor die entsprechende Wertung im Jahrzehnt gezogen wurde. In der Fortgeschrittenenvariante wird dieses Abwägen noch wichtiger, da hier mit der Rückseite des Spielertableaus gespielt wird, auf der die Startvoraussetzungen schwieriger sind und man zügiger den Ausbau von Energieversorgung und Umweltschutz vorantreiben muss.

AuslageProsperity ist ein durch und durch solides Spiel mit einem untadelig funktionierenden Mechanismus, dessen Triebfedern fein aufeinander abgestimmt sind. Hier ist die Handschrift des Autors Knizia unverkennbar. Die Interaktion beschränkt sich auf die Konkurrenz bei der Forschungswertung, denn vornehmlich ist jeder Spieler mit der Verwaltung seiner eigenen Nation beschäftigt. In jeder Besetzung werden die Runden zügig durchgespielt, in unseren Testpartien jedoch war der Spielspaß zu zweit am höchsten, weil hier jeder Spieler häufiger am Zug ist, noch besser auf die Aktionen des Mitspielers achten kann und weil sich das Nachhalten der Wertungen pro Jahrzehnt einfacher gestaltet, da man nicht zu schnell den Überblick verliert. In jeder Spieleranzahl wurde deutlich, dass Prosperity ein Spiel des Gleichmaßes ist und sich Extremstrategien (also z. B. das maximale Anheben der Energieleistung auf Kosten der Umwelt) nur selten auszahlen. Es scheint so, als ob uns die Autoren zu verstehen geben wollen, dass in Zukunft die Fortschritte in Energieversorgung und Umweltschutz Hand in Hand gehen müssen, wenn es Wohlstand für alle geben soll.

Ein aus meiner Sicht großes Manko bleibt: Bei einem Spiel mit einer solch einfachen, aber mathematisch trockenen Mechanik muss die thematische und grafische Verpackung für Atmosphäre und Stimmung sorgen. Die futuristische Anmutung der Spielschachtel will sicherlich dieser Anforderung gerecht werden und macht neugierig. Doch enttäuscht die Gestaltung von Spielbrett und Plättchen die so geschürten Erwartungen. Gäbe es einen Preis für das hässlichste Spiel des Jahres, gehörte Prosperity sicherlich zu den Nominierten. Die Grafiken der Technologieplättchen haben den Charme einer Clipart-Gallerie aus den frühen 90er Jahren und die Siegpunktleisten erweisen sich nicht nur als hässlich, sondern sind darüber hinaus gänzlich unpraktisch und unübersichtlich. So mindert überraschenderweise vor allem die Gestaltung den Wunsch, Prosperity häufiger zu spielen. Sie bestätigt geradezu den tendenziell sterilen Charakter der Spielmechanismen. Ein höherer Energieverbrauch auf diesem Feld wäre sicherlich auch in ökologischer Hinsicht zu vertreten gewesen. Aus den genannten Gründen muss das abschließende Urteil zwiespältig ausfallen, da hier zweifelsohne die Chance vertan wurde, eine passable Spielidee durch optische Reize aufzuwerten. (thb)

Steckbrief
Prosperity
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Reiner Knizia, Sebastian Bleasdale Ystari 2 - 4 Spieler ab 13 Jahre ca. 60 Minuten Arnaud Demaegd, Neriac