NoblemenNoblemen

Willkommen auf unserem Maskenball. Darf ich höflichst nach ihrem Namen fragen, so dass ich sie ausrufen kann? Oh, sie wollen dem bunten Treiben zunächst als stiller Beobachter beiwohnen? Well, in diesem Fall muss ich sie bitten an meiner Seite zu bleiben und sich unauffällig zu verhalten. Wie? Was der Anlass dieses Balls ist? Nun, gedulden sie sich bitte noch einen Moment, in wenigen Minuten werde ich die Eingangstüren schließen lassen, dann können wir uns zu einem Plausch bei einer Tasse Tee zurückziehen...

zentrale AuslageEtwas Milch in den Tee für sie? Alright, lassen sie uns beginnen. Wie sie vielleicht wissen, waren unserer hochverehrten Queen Elizabeth I. keine Nachkommen gegeben. Nun buhlen adlige Familien aus dem ganzen Königreich um ihre Gunst, so dass deren Statthalter einmal die Regentschaft übernehmen können. Nach drei Dekaden wird sich ihre Hoheit entscheiden, wem ihre Gunst zuteil wird. In jeder Dekade finden zwei Maskenbälle statt, bei denen sich die Gäste mit Beschreibungen ihrer Anwesen gegenseitig zu überbieten suchen. Wer hat die prächtigsten Paläste? Die schönsten Gärten? Die meisten Kapellen? Natürlich reist ihre Hoheit auch durch das Land und schaut sich die Anwesen an und genießt deren Pracht, aber hier auf den Maskenbällen, sagt man, wird der Waage ihrer Gunst der entscheidende Ausschlag gegeben. So, nun muss ich wieder an die Arbeit. Wenn sie mögen, lesen sie doch, was die Daily Meeplebox darüber schreibt:

diverse KartenNoblemen begeistert...
...durch seine prachtvolle Ausstattung. Das Material ist hochwertig und üppig und somit dem Thema angemessen und es unterstützend. Hervorzuheben ist hier das samtene Säckchen, aus welchem die Landschaftsplättchen gezogen werden, vor allem aber die Sichtschirme: Riesig in den Abmessungen, praktisch und atmosphärisch weil jeder Spieler den ihm zustehenden Adelstitel obenauf steckt. Zudem ist die Übersicht auf der Innenseite klar strukturiert und gut verständlich. Aber auch die großen, individuell gestalteten Holzgebäude sind aller Ehren wert.

Noblemen überzeugt...
...mit seinem flüssigen Spielablauf. Wer an der Reihe ist, führt genau eine Aktion aus und spielt eventuell noch eine der sogenannten Intrigenkarten. Die Aktionen selbst sind kurz und knackig: Man erweitert sein Anwesen um drei Plättchen, baut Gebäude, treibt Einkommen in Form von Geld oder Landschaftsplättchen ein, besticht die Königsfamilie, um Einfluss zu gewinnen oder spendet der Kirche gegen Siegpunkte einen Teil seiner Landschaftsplättchen. Ein genauerer Blick auf die Aktionen skizziert uns zugleich den Spielablauf: Erweitert man sein Anwesen, so erhält man Einkommen für die verbauten Plättchen: Wald generiert neue Plättchen, Acker generieren Geld. Schließt man ein komplettes Quadrat derselben Sorte ab, erhält man einen Bonus. Ausschließlich diesen gibt es beim Bau von Brunnen, die, zum Quadrat gebaut die Königin an den eigenen Hof locken, was einen Siegpunkt bringt und den Rundenzähler voranschreiten lässt. Wiesen dienen nur dazu, Gebäude darauf zu errichten, welche Siegpunkte und Intrigenkarten bringen.

Wie oben angedeutet ist der Rundenablauf variabel gestaltet - der Rundenzähler rückt immer dann einen Schritt weiter, wenn der Besitzer der Königin an der Reihe war. Da diese jedoch den Besitzer wechseln kann, rückt der Zähler im Extremfall in einer Runde so viele Felder vor, wie Spieler teilnehmen - oder vielleicht nur eines. Diese Tempowechsel machen einen großen Reiz des Spiels aus, denn hier gilt es, gut zu beobachten und die eigenen Aktionen zeitlich genau abzustimmen, bevor die Maskenbälle kommen. Hier werden Adelstitel vergeben, welche Siegpunkte und Vergünstigungen beim Gebäudebau bringen - je höher der Titel, desto mehr. Als Währung für die Vergabe der Titel gilt Prestige, und dieses errechnet sich aus gebauten Gärten und Palästen, sowie eventuell vorhandenen entsprechenden Intrigenkarten und Bestechungsmarker. Das gemeine: Gleichstände gibt es bei der Titelvergabe nicht, haben zwei Spieler eine identische Anzahl an Prestigepunkten, so muss der in der Spielreihenfolge (die beim aktuellen "Königinnenbesitzer" beginnt) letztere sich hinter dem ersten Einordnen - auch deswegen ist gutes Timing bei den Königinwechseln wichtig.

Am Ende jeder Dekade folgt noch eine Gebäudewertung welche Siegpunkte für komplett umbaute Burgen und Paläste, sowie dazu benachbarte Kapellen gibt. Dies wird durch den Umstand erschwert, das Burgen/Paläste keine anderen Burgen/Paläste im unmittelbaren Umkreis dulden und Kapellen keine Kapellen. Wer viele Siegpunkte generieren will, muss also großflächig bauen, wofür er wiederum jede Menge Landschaftsplättchen braucht, welche es regulär nur über Waldplättchen gibt, auf die man jedoch keine Gebäude bauen kann - Noblemen ist eines dieser Ich-will-so-vieles-und-kann-nur-so-wenig-Dilemma-Spiele.
Dies alles jedoch in fixem Stil - selbst in voller Besetzung zu fünft überschreitet man die zwei-Stunden-Marke nur knapp. Zudem muss ich stets das Tun meiner Mitspieler im Auge behalten, bin also immer zumindest passiv involviert.

SpielerauslageNoblemen enttäuscht...
...durch mangelnde taktische Varianz. Die Maskenballwertungen dominieren das Spiel und machen es unverzichtbar, möglichst viel Prestige zu erzeugen. Dieses geschieht am einfachsten durch den Bau von Brunnen bzw. Gärten und diese heranzuschaffen ist durch den stets möglichen gezielten 2:1 Tausch mit dem Beutel bei entsprechender Quantität an Plättchenmaterial einfach. Ich habe mehrere Taktiken ausprobiert - keine konnte den Sieg des oben genannten Spielens ernsthaft gefährden. Hier legt Noblemen dem Spieler ein zu enges Korsett an - die Wichtigkeit von Prestige und Adelstiteln mag thematisch stimmig sein, vergeudet spielerisch aber viel Potential. Dies äußert sich auch darin, das etwa ein Drittel der möglichen Aktionen von den Spielern so gut wie nie gewählt wird und ein durchaus interessanter Ansatz wie das Einsetzen eigener Ritter auf gegnerischen Anwesen nicht zur Entfaltung kommt, weil er bei zu viel Aufwand zu wenig Ertrag bringt.
Auch die zufällig gezogenen Intrigenkarten waren in meinen Runden immer wieder Kritikpunkt, weil gewisse Karten bei ungleich verteiltem Nachziehglück zu dominant sind: Wenn beispielsweise ein Spieler dreimal im Spiel vier Plättchen geschenkt bekommt, ist dies ein großer Vorteil gegenüber allen, die sich ihr Plättcheneinkommen mühsam erarbeiten müssen. Hier wäre ein offener Kartenpool mit Kauf gegen Bezahlung besser gewesen.

DukeEs ist durchaus erkennbar, warum Noblemen 2009 den ersten Platz beim renommierten Hippodice-Autorenwettbewerb erhielt - es kann zwar spielerisch nicht ganz mit seiner opulenten Ausstattung mithalten, aber es als Blender zu bezeichnen, wäre unangemessen hart. Leider trüben die genannten Probleme das Gesamtbild deutlich. In einer festen Gruppe, welche sich in puncto Timing und Optimierung duelliert und sich nicht an der mangelnden taktischen Freiheit stört, mag es jedoch trotzdem Freunde finden - bei mir persönlich sprang der Funke nie so richtig über und war schnell wieder ganz erloschen. (fd)

Steckbrief
Noblemen
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Dwight Sullivan Pegasus 3 - 5 Spieler ab 12 Jahre 75 - 120 Minuten Claus Stephan, Oliver Schlemmer