Terra Mystica - Feuer & EisTerra Mystica - Feuer & Eis

Als Terra Mystica im Jahr 2012 erschien und im darauffolgenden den Deutschen Spielepreis errang, war abzusehen, dass es zu diesem außerordentlichen Strategiespiel des jungen Feuerland-Verlags eine Erweiterung geben wird. Die Macher ließen sich jedoch noch ein weiteres Jahr Zeit, um die neuen Module und Völker von Feuer und Eis - so der Titel - intensiv zu testen. Angesichts der auf dem internationalen Portal "Boardgame Geek" veröffentlichten Analysen zur ungleichen Stärke der 14 Völker und möglichen Extremstrategien im Basisspiel war dieser Schritt nur allzu verständlich. Nun liegt das Ergebnis dieser Mühen vor. Hat sich der Aufwand gelohnt?

zwei M&oummögliche EndwertungenTerra Mystica - Feuer und Eis wartet mit vier Neuerungen auf. Beginnen wir zunächst mit den beiden einfachen. Da ist zunächst ein neuer doppelseitiger Spielplan, der auf der einen Seite eine leicht verbesserte Version der im Grundspiel enthaltenen Landkarte zeigt und auf der anderen Seite eine neue Karte, die durch ein weit verzweigtes Flusssystem neue Anforderungen stellt und grafisch die neuen Elemente "Feuer" und "Eis" aufnimmt. Die zweite einfache Neuerung sind vier Endwertungskärtchen, die die obligatorische Gebietswertung ergänzen. Von ihnen wird zu Beginn einer Partie ein Kärtchen ausgewählt und auf den Spielplan gelegt. Sie belohnen (stets in Gebieten mit direkt bzw. indirekt verbundenen Gebäuden) u. a. die größte Entfernung von zwei Gebäuden, die größte Entfernung zwischen Heiligtum und Festung eines Spielers oder die größte Anzahl von Gebäuden am Spielrand. Durch die ergänzte neue Endwertungskategorie wird die Bedeutung der Kultwertung ein wenig relativiert, neue Möglichkeiten der Spezialisierung und der Wechselwirkung mit Völkereigenschaften werden aufgezeigt.

Neues Volk: FrostfeenWie wurde nun die Aufgabe bewältigt, neue Völker in das System der Heimatlandschaften zu integrieren? Anstatt einfach für einzelne Landschaften neue Völker zum Austausch zu bieten, wurden solche entwickelt, die mit allen anderen alten zu kombinieren sind. Grob gesagt haben wir in Feuer und Eis drei neue Völker-Kombis (zwei Völker pro Tableau). Die beiden neuen weißen Eisvölker Frostfeen und Yetis verwandeln Landschaften unwiderruflich in ewiges Eis. Wählt man ein Eisvolk, entscheidet man sich zugleich für eine Landschaft, die man mit einem Ring markiert und von der ausgehend die Schritte des Terraformings berechnet werden. Während die Frostfeen als besondere Eigenschaft zu Spielbeginn ein Gunstplättchen erhalten und nach Errichten der Festung beim Passen drei Siegpunkte pro Tempel erhalten, bezahlen die Yetis für die Machtaktionen eine Macht weniger und können nach dem Bau der Festung diese Machtaktionen auch dann ausführen, wenn sie in einer Runde bereits verwendet wurden.

Neues Volk: GeweihteEin wenig anders funktionieren die orangefarbenen Vulkanvölker. Ebenfalls entscheiden sich die Spieler mit der Wahl eines dieser Völker für eine Landschaft. Doch diese ist nur wichtig für die beiden Startlandschaften in der Einsetzrunde. Beim Terraforming spielt der Umwandlungskreislauf, der auf anderen Völkertableaus abgebildet ist, keine Rolle, da die Drachenmeister und Geweihten auf andere Weise terraformen. Die Erstgenannten geben dazu Machtsteine aus beliebigen Schalen in den allgemeinen Vorrat (2 Steine für die Umwandlung von Heimatlandschaften der Mitspieler, 1 Stein für alle übrigen Landschaften), die Letztgenannten bezahlen die Umwandlung mit Kultpunkten (4 bzw. 3 Punkte auf einer Kultleiste). Um Nachschub für ihre jeweilige "Währung" zu gewährleisten, setzen die Drachenmeister Spatenboni direkt in neue Machtsteine um, während die Geweihten für jeden Spatenbonus einen Schritt in einem beliebigen Kult aufsteigen. Ihre Festungen bringen außerdem Zuwachs an Macht- bzw. Kultstatus.

Neues Volk: GestaltwandlerVariabilität ist das Stichwort für die verbliebenen zwei Völker. Die Spieler der Gestaltwandler wählen zu Beginn eine Heimatlandschaft und markieren diese mit einem Ring. Wie die Kultisten im Grundspiel werden die Gestaltwandler belohnt, wenn sich direkte Nachbarn nach Bauaktionen der Gestaltwandler Macht nehmen. In diesem Fall ist es 1 Machtstein. Verzichten die Mitspieler auf diese Option, darf man immerhin noch 1 Macht eine Schale auf dem Tableau weiterschieben. Richtig interessant werden die Gestaltwandler in dem Moment, in dem man die Festung errichtet: Nun können sie 3 Macht bezahlen, um ihre Heimatlandschaft zu verändern und zudem noch zwei Siegpunkte einzustreichen. Die Flussläufer dahingegen kommen gut ohne Heimatlandschaft aus. Ihr Umwandlungskreislauf ist mit Priestern besetzt, ein Feld bleibt zu Spielbeginn frei. Auf diesem Landschaftstyp können die ersten beiden Siedlungen am Fluss gesetzt werden. Im Verlauf einer Partie können die Flussläufer weitere Landschaften freischalten, indem sie in den Fällen, in denen sie Priester erhalten könnten, diese vom Kreislauf entfernen und in ihren Vorrat stellen. Nun dürfen die Spieler auch diesen Landschaftstyp besiedeln, vorausgesetzt, das Feld befindet sich am Fluss und ist zu bereits gesetzten Gebäuden benachbart. In der Schifffahrt ist die Reichweite der Flussläufer auf "+1" beschränkt. Dafür dürfen sie nach Errichten der Festung zwei kostenlose Brücken errichten.

SpielsituationDie spezifischen Vor- und Nachteile der neuen Völker korrelieren mit der Spielerzahl und den Eigenschaften der konkurrierenden Völker. Hier wird die vierte Neuerung wichtig. Es handelt sich laut Regel um "neue Spieloptionen". Zum einen steht in Feuer und Eis ein Zugtableau zur Verfügung, auf dem man mit Völkerplättchen Spieler-und Passreihenfolge markieren kann. So wird anders als im Grundspiel nicht nur die Startspielerposition durch frühes Passen eventuell neu vergeben, sondern auch die Zugreihenfolge je nach Zeitpunkt des Passens individuell neu bestimmt. Noch interessanter ist die zweite Option, die "Völkerauktion". Hier wirft man die Plättchen aller Völker in den beigelegten Stoffbeutel und zieht so viele Plättchen, wie Spieler teilnehmen. Die zufällig bestimmte Plättchenseite zeigt die zur Verfügung stehenden Völker, um die nun mit Siegpunkten geboten wird. Dafür erhalten die Spieler zu Beginn nicht 20, sondern 40 Punkte auf der Punkteleiste.
Mit Feuer und Eis wird dem Terra-Mystica-Fan einiges geboten. Die neuen Völker bieten nicht nur Abwechslung, sondern geben durch ihre originellen Eigenschaften dem Spiel eine neue Würze. Sie bieten damit besonders den ausgefuchsten Kennern des Spiels viel Gelegenheit zur strategischen Analyse. So verlangen die Gestaltwandler wie die Kultisten im Grundspiel die Nähe zum Gegner, um durch direkte Nachbarschaft Vorteile zu erhalten. Vulkanvölker und Flussläufer verleihen Macht, Kultstatus und Priestern neue Zwecke, während die Eisvölker darauf ausgelegt sind, durch das Eis Fakten zu schaffen, die andere Spieler nicht mehr ändern können. Offensichtlich kann eine objektive Gleichwertigkeit aller Völker nicht garantiert werden, sodass die Entwickler momentan vor allem die Veränderungen bei den Gestaltwandlern erwägen. Weiterhin spielt die Erfahrung eines Spieler eine große Rolle. In Gruppen mit etwa gleich erfahrenen Mitspielern wird die Völkerauktion aus diesem Grund zu einer geradezu unverzichtbaren Option: Sie kann bei vorsichtiger Einschätzung der Vor- und Nachteile der einzelnen Völker ausgleichend wirken. Unerfahrene Spieler seien jedoch gewarnt, zu viele Siegpunkte zu verprassen. Der Reiz des Neuen ist zudem gefährlich, da man die vermeintlich starken Eigenschaften der neuen Völker auch überschätzen kann.

DDie weiteren Völkerie Beurteilung der Erweiterung Feuer und Eis kann kurz und bündig ausfallen: Sie ist klasse! Sie ist ausgesprochen originell und bügelt zugleich ein paar Unebenheiten des Basisspiels aus. Dass für die absoluten Profispieler sicherlich noch das ein oder andere Detail weiterhin verbesserungswürdig sein mag, stellt für mich keinen Minuspunkt dar, zumal dieselben kritischen Analytiker weiterhin Liebhaber des Spiels sind. All dies sind Luxusprobleme, die den "normalsterblichen" Vielspieler kaum tangieren werden. Viel wichtiger ist, dass die Erweiterung noch einmal zeigt, dass Terra Mystica immer noch herausragend ist und damit jedes Spiel derselben Gewichtsklasse aus dem letzten Herbst locker in den Schatten stellen kann. Der Aufwand hat sich also mehr als gelohnt! (thb)

Steckbrief
Terra Mystica - Feuer & Eis
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Helge Ostertag, Jens Drögemüller Feuerland 2 - 5 Spieler ab 12 Jahre 60 - 150 Minuten Dennis Lohausen