Mage KnightMage Knight

Heute ist die Zeit für Fantasy! Ich erlebe solche Welten gerne, meist in Büchern wie Der Herr der Ringe1, Harry Potter2, Malfuria3 oder aktuell Die Tribute von Panem4 - ok, letzteres gehört nicht direkt zu Fantasy, sondern zu den Dystopien. Früher habe ich Welten als Hobbit und als Heiler in Rollenspielen erkundigt. Dabei erlebe ich die Welt aktiv und kann sie noch lebendiger ausschmücken als in literarischen Welten. Heute mache ich nun einen Ausflug in die Welt von Mage Knight. Weil es ein Brettspiel ist, gibt es hier weniger Freiheiten als im Rollenspiel, doch immer noch genügend Elemente eine Fantasy-Welt, in der ich Abenteuer bestehe.
Zu einem Fantasy-Erlebnis gehört die Verwandlung in ein anderes Wesen, das ich während des Abenteuers bin. Hier stehen vier zur Auswahl: Norowas, ein Elfenlord mit einer starke Ausstrahlung, Tovak der überragend Eis-Kämpfe beherrscht, Arythea, eine angriffslustige Blutkultistin und zuletzt ist da Goldyx, ein Drakonier, mit einem Faible für Magie. Ich muss mich entscheiden, was hier nicht so schwer ist. Die Figuren sind zunächst recht ähnlich und auch eine Frau oder ein Monster zu spielen, verlangt hier nicht viel Vorstellungskraft.

ArytheaDie Karten von Norowas und der WolfsreiterIch könnte heute mal aggressiv spielen, also Arythea, aber ich lege mehr Wert auf die Ausstrahlung, also werde ich zu Norowas: Hier stehe ich nun am Portal. Wir sollen Städte von der Unterdrückung befreien, oder waren es doch Eroberungen? Es soll mir egal sein. Vor mir sehe ich Wiesen und ein wenig hügeliges Gelände sowie einen marodierenden Ork. Ich begebe mich in die Richtung dieses Orks. Bewegungen in diesem Gelände kosten viel Kraft, aber ich habe Ausdauer. Dazu habe ich noch nicht meine Manaquelle angezapft, so dass ich meine Bewegung verdoppeln kann. Ich gebe andere Pläne, die ich im Kopf habe, auf und führe meinen Marsch weiter fort. Als ich den Ork passiere, merke ich, dass er mich auf mich zustürmt. Als ich genauer schaue, sitzt er auf einem Wolf, ein Wolfsreiter also. Er kommt schnell auf mich zu. Ich habe keine Fernkampfwaffen und so flink wie die beiden sind, kann ich sie auch nicht abwehren. Sowohl durch den Wolfsbiss als auch durch den Dolch des Orks erleide ich eine Wunde. Mist! Aber ich muss sehen, dass ich den Ork erledige. Mit doppelter Wut hebe ich mein Schwert und lasse es auf den Ork niedersausen. Er ist auf der Stelle tot. Sofort nutzt der Wolf die Situation und verschwindet.
Nach dem Kampf bin ich erschöpft und die Verletzungen behindern mich. Dafür bin ich erfahrener und meine Tat wird sich herumsprechen. Dieser gewonnene Kampf motiviert mich zusätzlich. Sobald ich wieder etwas Kraft habe, begebe ich mich in das nächste Dorf. Die Dorfbewohner sind froh, dass ich den Ork getötet habe. Ich zeige mich von meiner besten Seite und lege meine edlen Manieren an den Tag. Eine Heilerin versorgt die Bisswunde, der Dolchstich ging tiefer als ich dachte. Außerdem kann ich ein Paar Bauern dazu bewegen, mich zu begleiten. Ich ziehe ich weiter, sehe weitere Orks, sowie Burgen, Klöster, Magiertürme, Kristallminen, magische Lichtungen, Verliese und alte Ruinen. Ich sammle magische Kristalle und erobere eine Burg. Im Dungeon bekämpfe ich eine Gargyle. Ich werde kampf- und magieerprobter und verbessere meine Rüstung. Schließlich sehe ich viele grün schimmernde Dächer am Horizont: die grüne Stadt, von der erzählt wird, dass es hier viele Giftmischer gibt.
Als ich die Stadt erobern will, stellen sich mir zwei Wachleute und eine Medusa entgegen. Von wegen Gift, hier wird versteinert! Ich kann den Blick der Medusa blocken, aber die Wachleute schlagen mich mit ihren Schwertern, auf deren Scheide eine grüne Flüssigkeit zu sehen ist. Augenblicklich brennt die Wunde und ich merke, wie sich ein Gift in mir ausbreitet. Schnell noch bekämpfe ich die Medusa, dann muss ich mich zurückziehen.
Während ich im umliegenden Sumpfland ein Versteck aufsuche, erscheint Tovak. Wie es scheint, will auch er die grüne Stadt erobern. Ich warte erst mal ab und lecke meine Wunden. Wie ich so im Sumpf verweile, kommt Tovak zurück. Auch er scheint nur teilweise Erfolg gehabt zu haben, also ist es an mir, die Stadt endgültig zu erobern. Ich begebe mich erneut zur grünen Stadt. Als ich ankomme, stellt sich mir nur noch einer der Wachleute in den Weg. Anscheinend hat Tovak den anderen besiegt. So alleine ist er kein würdiger Gegner mehr und ich erobere die Stadt im Handumdrehen. Jetzt fehlt nur noch die zweite Stadt...

Illustrationen verschiedener Karten

Was ich hier erzählt habe, ist die Geschichte, die wir, d. h. meine Frau und ich, während eines Spiels Mage Knight erlebt haben. Motor des Spiels sind Karten, von denen jeder zu Beginn 16 besitzt: 15 sind für alle Charaktere gleich, eine ist individuell gestaltet. Mit diesen Karten führt man seine Spielzüge durch, pro Zug eine Bewegung, dann eine Aktion, wobei dazu durchaus mehrere Karten verwendet werden dürfen. Die Aktion kann ein Kampf, eine Eroberung oder eine Begegnung sein. Diese Grundregeln werden in einen Rahmen von Tag und Nachtspielzügen eingebettet, sowie durch die individuelle Gestaltung der einzelnen Orte ergänzt.
Die zweite, weiße StadtDie Regeln sind umfangreich. Deshalb gibt es ein Schritt-für-Schritt Einstieg mit einem Szenario, dass den Spielern die meisten Orte nahe bringt. Diese Form der Regeldarbietung ist sehr gut, denn auf einfache Art und Weise wird uns hier das Regelwerk nähergebracht. Nach dem Einführungsszenario ist dann die Komplettregel leicht verständlich, wenngleich immer noch umfangreich.

Wer ein solches Spiel spielt, muss sich auf die ihm gebotene Welt einlassen. Wer sich in die Figur hineinversetzt, die er spielt, wird mehr Freude empfinden als derjenige, der nur effizient die Spielmechanismen bedient. Wie im richtigen Leben gibt es auch in dieser Fantasywelt Zufallselemente: Landschaftsauslage, Karten und Monster; doch mit der Zeit lernt man den Umgang damit. Kurz noch ein Wort zu den Karten. Es wirkt zunächst wie eine Deckkonstruktion, auch weil neue Fähigkeiten, sowie Zauber und Artefakte als Karten auf den eigenen Kartenstapel kommen und Verwundungen als ebensolche Karten für Blockaden auf der Kartenhand sorgen. Doch sind die Veränderungen hier gering gegenüber Spielen, bei denen das der Kern des Spiels ist.

Landschaft mit allen vier Mage KnightsTrotz aller Konkurrenz steht der eigene Erfolg im Vordergrund. Den erhält man durch gute Planung und siegreiche Kämpfe. Dies macht auch den Spielspaß aus, der um ein Vielfaches steigt, wenn sich der Spieler das Entdecken der Länder, die Kämpfe, die Begegnungen im Dorf, die Eroberung einer Burg oder die Wirkung eines Zaubers bildlich vorstellt und all diese Dinge als Abenteuer erlebt.
Wer solche fantastischen Spiel mag, wird mit Mage Knight bestens bedient. Es vereint das klassische Fantasyspiel mit Planung und Kampf und dem "Hack & Slash"-Feeling mit einem modernen Kartenmechanismus als Antrieb. Wie viele dieser Spiele fordert das Erleben der Geschichte entsprechend viel Zeit. Für das erste Szenario sollten drei Stunden eingeplant werden. Später hängt die Dauer vom gewählten Szenario ab. Der Geschichte lag ein kurzes Szenario mit dem Titel "Blitzeroberung" zu Grunde, und es dauerte rund zweieinhalb Stunden. Es ist eines der kürzesten, doch wer Abenteuer erleben will, muss Zeit investieren. Die aber vergeht dann wie im Fluge. (wd)


1 J. J. R. Tolkien: Der Herr der Ringe (3 Bände), Klett Cotta
2 Joanne. K. Rowling: Harry Potter (7 Bücher), Carlsen
3 Christoph Marzi: Malfuria (3 Bücher), Arena
4 Suzanne Collins: Die Tribute von Panem (3 Bücher), Oetinger
Steckbrief
Mage Knight
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Vlaada Chvátil Pegasus 1 - 4 Spieler ab 14 Jahre 60 - 240 Minuten J. Lonnee, Milan Vavron