Artus und die Ritter der TafelrundeArtus und die Ritter der Tafelrunde

Ach, herrlich, wer kennt sie nicht, die Sage um König Artus und seine Tafelrunde, um Excalibur und den Heiligen Gral. Das ist der Stoff, aus dem begeisternde Spiele gemacht werden können! Und das neue Artus und die Ritter der Tafelrunde aus dem Hause "alea" setzt in Optik und Ausstattung deshalb voll auf den Reiz der Legende: schön anzusehen ist bereits die Spieleschachtel, die den König und sein sagenhaftes Schwert im Kreis seiner Ritter zeigt. Schön anzusehen auch das Material darin: ein Spielplan mit aufgesetzter Drehscheibe, in deren Mitte ein appetitliches Spanferkel darauf wartet, verputzt zu werden. Dies ist also die üppige Tafel, an der der Monarch mit seinen Getreuen speist. Und selig der, der möglichst nahe bei seinem Herrn sitzt… Darum geht es nämlich in Artus - und ganz unritterlich versuchen die Tafelritter, einander um die besten Plätze zu bringen.

König Artus und einer seiner RitterDazu bewegen die Mitspieler u. a. mithilfe von Ritterkarten mit variablen Reichweiten ihre Figuren um den runden Tisch. Die besten Plätze sind zur Rechten des Königs, wer abgeschlagen links sitzt, muss ggf. bis zu 15 Minuspunkte in Kauf nehmen. Daneben gibt es sog. Königskarten, mit denen man die Königsfigur oder einen der drei ebenfalls an der Tafel versammelten Prinzen ziehen kann. Bewegt man Artus, verschiebt sich das stets nach ihm ausgerichtete Punkteraster der Drehscheibe ebenfalls. Wer eine Figur weitersetzt, streicht die Bonus- oder Maluspunkte der Ausgangsposition ein und vertreibt u. U. die Figuren, die bereits auf dem Zielort stehen. So herrscht ein ständiges Hin und Her, sodass man fast glauben möchte, dass die Sitzordnung im feudalen Mittelalter wohl doch nicht strikt gehandhabt worden ist. Durch geschicktes Ausspielen von bestimmten Königskarten kann man gar den alten Artus entmachten, einen der silbernen oder bronzefarbenen Prinzen auf den Thron hieven und so die Verhältnisse komplett auf den Kopf stellen. Was ist nur aus dem alten Ritterideal der Königstreue geworden?

WertungskartenArtus wartet mit zwei Varianten auf: Im "Spiel für Einsteiger" gibt es nur die erwähnten Ritter- und Königskarten, die in zwei Stapel sortiert werden und von denen die Spieler von Beginn an vier auf der Hand haben. Wer am Zug ist, spielt eine Karte aus, führt die entsprechende Aktion durch und füllt am Ende wieder seine Hand von einem Stapel seiner Wahl auf. Im "Spiel für Fortgeschrittene" kommen sog. Wertungskarten hinzu, die Handkartenanzahl steigt auf sechs und man spielt pro Runde zwei Karten nacheinander aus. Mit dem neuen Kartentypus können - nomen est omen - Wertungen ausgelöst werden, die einen bei gutem Timing weit nach vorne bringen und bei schlechtem arg ausbremsen können. So sieht eine Karte vor, dass ein Spieler alle seine Ritter (egal, ob sie auf positiven oder negativen Feldern stehen) wertet, eine andere, dass er die Ritter in bestimmten Farbzonen der Tafelrunde zur Wertung heranzieht. An dieser Stelle wird bereits deutlich, dass der zentrale Augenmerk der Spieler auf dem klugen Nachziehen der Karten liegen muss: Wer sich hier zu sehr auf Ritter- und Königskarten konzentriert, wird zum Schluss nur Wertungskarten spielen können, was dann zu manch böser Überraschung führen kann. Wer auf der anderen Seite zu früh mehr Wertungs- als Bewegungskarten zieht, beraubt sich ebenfalls seiner Gestaltungsmöglichkeiten. Angeraten ist es daher, die unterschiedlichen Wertungen genau zu kennen, um auf die schwierigen Aufgaben möglichst gut vorbereitet zu sein.

Die Tafelrunde im Spiel ... "Artus und seine Tafelrunde" ist - man verzeihe mir das Bild - ein Spiel zwischen allen Stühlen. Die Einsteigervariante ist für die "alea"-Zielgruppe wenig reizvoll, da das bloße Setzen und Werten schnell eintönig wird. Die Expertenversion erfüllt schon eher die Erwartungen, die erfahrene Spieler an die Marke haben. Sie benötigen allerdings keine Einstiegshilfe, denn das Regelwerk der ausgebauten Variante wird für diese kaum ein Problem darstellen. Trotzdem wusste das Spiel auch die sog. Vielspieler in meinen Testrunden nur teilweise zu überzeugen.
... und das Original in Winchester Von Partien mit drei oder vier Spielern möchte ich geradezu abraten, da sich nicht nur bei sorgfältig abwägenden Mitspielern die "Downtime" bis ins Unerträgliche steigern kann. Es lohnt sich angesichts der vielen Unwägbarkeiten kaum, ernsthaft über seine Schritte nachzudenken, wenn die übrigen noch am Zug sind. Wer schließlich das ständige Addieren und Subtrahieren möglicher Punkte als zu trocken und lästig empfindet oder wessen räumliches Vorstellungsvermögen eher begrenzt ist, wird Artus gar mehr als Arbeit denn als Spiel empfinden. Häufig stehen zudem Aufwand und Ergebnis in einem frustrierenden Missverhältnis, da selbst geschicktes Taktieren durch den bloßen Zufall zunichte gemacht werden kann. Zu zweit funktioniert Artus allerdings recht gut, weil durch das direkte Wechselspiel von Reaktion und Gegenreaktion das Spiel flüssig wird und ein Spannungsbogen durchaus vorhanden ist. Doch auch in diesem Fall wird nicht selten durch die letzten Wertungskarten alles über den Haufen geworfen, was einen bitteren Nachgeschmack hinterlässt.

SpielfeldMit Artus liegt also ein Spiel vor, das trotz schicker Aufmachung nicht über das Mittelmaß hinauskommt. Das Herumschieben an der Tafel wirkt mit Ausnahme des Spiels zu zweit wenig packend, der Wiederspielreiz in Runden ab drei Spielern ist dementsprechend gering. Nicht zuletzt wird das mittelalterliche Thema durch den Mechanismus des Versetzens und Vertreibens eigentümlich verzerrt. Das ist schade, denn eigentlich ist die Artus-Legende doch ein Stoff, aus dem Spiele gemacht sein können, die durch und durch begeistern! Das ist hier allerdings nicht der Fall. (thb)

Steckbrief
Artus und die Ritter der Tafelrunde
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Wolfgang Kramer, Michael Kiesling alea 2 - 4 Spieler ab 9 Jahre 30 - 60 Minuten Claus Stephan, Martin Hoffmann