Spiele mit Glücksfaktoren

Teil 1: Pech im Spiel - Glück in der Liebe

Es ist doch alles so einfach, spielten wir nur die Klassiker wie Schach, Mühle, Dame oder das fernöstliche Go. Keine Karten, keine Würfel, ja nicht einmal der dritte Spieler, der zum Königsmacher wird. Alles ist nur eine Frage des Könnens, der Gedächtnisleistung, denn das Spiel ist kein Spiel, sondern ein Wettkampfmittel. Es ist nicht spielerisch, es fordert Können. Der Bessere wird gewinnen, denn nichts kann ihn aufhalten.
Anders sieht es bei Spielen aus, die ein "Glückselement" enthalten. Würfel fallen nicht wie gewünscht und Karten zeigen Motive, die nicht zu gebrauchen sind. Pech gehabt! Sagt der beherrschte Spieler, der unbeherrschte greift in die Fäkalsprache. Doch was hat es wirklich damit auf sich? Verhindert dieses "Glück" den Sieg des besseren Spielers? Ist es ungerecht, wenn ein Spieler nicht die gewünschte Augenzahl oder die gewünschte Karte erhält? Muss der "große Stratege" solche Spiele meiden?

die höchste Diamantkarte Bevor wir auf die Fragen eingehen, machen wir einen kleinen Ausflug in die Wahrscheinlichkeitstheorie. Das ist dieser Teil der Mathematik, der uns erklären kann, warum Würfel nie das gewünschte Ergebnis zeigen und warum Karten die falschen Werte aufweisen. Nehmen wir einen Würfel, jenes Objekt, bei dem der Mathematiker sagt, es sei regelmäßig geformt und besteht aus sechs Flächen, acht Ecken und zwölf Kanten. Für uns Spieler stimmt das schon nicht ganz, denn ein solcher Würfel rollt schlecht. So runden wir die Ecken ab und sagen trotzdem Würfel zu dem Ding. Der normale Würfel bringt uns ein Ergebnis von 1 bis 6 und ein guter Würfel sollte das gleichmäßig tun. Die Chance, dass er eine bestimmte Zahl zeigt, ist 1/6, nämlich 1 bestimmtes Ergebnis von 6 Möglichkeiten; formal heißt es dann, die Wahrscheinlich des Ereignisses, eine "1" zu würfeln, beträgt 1/6. Bei zwei Würfeln sind die Ereignisse dann nicht mehr gleich häufig. Siedlerspieler wissen, dass die "2" selten und die "7" häufig ist. Ähnlich kann man auch die Wahrscheinlichkeiten von Karten und sogar von ganzen Blättern errechnen.

Ritterkarte aus Die Siedler von Catan Wenn man solche Ereignisse bewertet, kann man sie in verschiedene Bereiche einteilen. Am einfachsten ist ein sicheres Ereignis. Es hat die Wahrscheinlichkeit 1 und tritt immer ein. Ein solches Ereignis ist für Normalspieler ein Würfelwurf mit einem Ergebnis zwischen 1 und 6; Rollenspieler denken hier anders. Aber auch in neueren Spielen kann es sichere Ereignisse geben: Sind in Diamant alle 15 Diamantenkarte aufgedeckt, so zeigt die nächste Karte eine Gefahr. Wenn ein Ereignis nicht sicher ist, aber eine Wahrscheinlichkeit > 0,5 hat, nennen wir es wahrscheinlich (irgendwie klingt das auch sprachlich plausibel).
Siedler-Spieler wissen, dass der Kauf einer ersten Entwicklungskarte wahrscheinlich einen Ritter bringen wird, denn dessen Wahrscheinlichkeit liegt bei 14/25, was ungefähr 0,56 entspricht. Umgangssprachlich können wir durch das Wort "sehr" sagen, dass die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses recht hoch ist, aber eben nicht 1. Umgekehrt heißen Ereignisse mit einer Wahrscheinlichkeit < 0,5 unwahrscheinlich und mit einer Wahrscheinlichkeit von 0 unmöglich. Bleibt noch das fifty-fifty Ereignis, das eine Wahrscheinlichkeit von 0,5 hat: Es wird als unsicher bezeichnet.

Kennen die Spieler die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses, so können sie darauf basierend ihre Entscheidungen treffen. Aber die Wahrscheinlichkeit allein reicht da oft nicht aus. Für eine Entscheidung benötigen wir oft auch den Erwartungswert. Der ist ganz einfach auszurechnen: wir multiplizieren das Ergebnis jedes Ereignissen mit seiner Wahrscheinlichkeit. Für einen Würfel erhalten wir so: 1*1/6 + 2 * 1/6 + 3 * 1/6 + 4 * 1/6 + 5 * 1/6 + 6 * 1/6 = 21/6 = 3,5.
Aktuell ist der Erfahrungswert bei Diamant sehr wichtig. Sind die hohen Zahlen bereits ausgelegt, ist ein Weitergehen in die Höhle weniger attraktiv als wenn diese Zahlen noch kommen können.

Kommen wir nun zum Thema Glück und Pech zurück. Mit dem Wissen über Wahrscheinlichkeiten lässt sich nun Glück ganz einfach definieren: Wenn ein Ereignis für einen Spieler positiv ist, eine Wahrscheinlichkeit von < 0,5 hat und dann eintritt, so hat der Spieler Glück. Warum? Ganz einfach, es war zu erwarten, dass das Ereignis nicht eintritt, aber es ist dennoch passiert. Bei Ereignissen mit einer Wahrscheinlichkeit > 0,5 kann ein Spieler kein Glück haben, denn bei solchen Ereignissen erwarten wir, dass sie eintreten. Hier gilt das Gegenteil: Wenn wiederum ein solches Ereignis positiv für den Spieler ist und es nicht eintritt, hat der Spieler Pech gehabt. Nun sind Glück und Pech klar definiert. "Halt!" höre ich da einige Mathematiker rufen und sie haben Recht, denn das ganze ist noch nicht vollständig. Es fehlen noch die Ereignisse, die für einen Spieler negativ sind. Hier ist es jetzt jedoch ganz einfach: Ist ein solches Ereignis wahrscheinlich und tritt nicht ein, hat der Spieler Glück; ist es hingegen unwahrscheinlich und tritt ein, ist es Pech.

mein Schaf in der BSW Kann der Spieler nun beim nächsten Spiel mit dieser Erkenntnis etwas anfangen. Nun ja, er weiß jetzt wenigstens genau, wann er Glück bzw. Pech gehabt hat. Im letzten Fall darf er dann auf die Mathematik schimpfen und sich befreiter fühlen.

Hat das Ganze denn nun auch etwas mit dem Glück in der Liebe zu tun. Aber sicher doch! Männern wird nachgesagt, sie denken immer nur an das Eine, also suchen sie eher nach einer Frau für eine Nacht. Sie zu finden ist sicher unwahrscheinlich, also haben sie Glück wenn es denn so ist. Bei Frauen ist es eher umgekehrt, so sind sie glücklich, wenn sie - unwahrscheinlicherweise - einen Mann treffen, der keine Frau für eine Nacht sucht. Ergo: nicht nur im Spiel ist des einen Glück des anderen Pech. (wd)

P.S.: für alle, die dem ganzen nicht so folgen konnten, aber Attribut kennen, eine kleine Übungsaufgabe: Ich nenne als Begriff "mein Schaf" und lege das Attribut "rot"; sollte man nun bei mir klatschen? Wie ändert sich die Situation, wenn ich "grün" gelegt hätte?

zur Lösung


zum zweiten Teil: Glück im Spiel - Glücklicher mit Statistiken