CitrusCitrus

Dilemmas sind in Brettspielen ein von mir gern gesehener Bestandteil. Die ständige, emotional gefärbte, Entscheidungsnot bringt Würze und Spannung. Selten jedoch habe ich erlebt, dass ein Spiel derart von einem Dilemma geprägt wird, wie die diesjährige Herbstneuheit von dlp games: Citrus.

ArbiterHier nehmen wir die Rolle eines Plantagenbesitzers an, der bis zu fünf verschiedene Sorten Citrusfrüchte anbauen kann. Im Kern ist ein Spielzug denkbar einfach: Entweder man kauft aus der aktuellen Auslage eine komplette Reihe Plantagenplättchen und baut sie sofort an, indem man entweder an eigene gleichfarbige Plantagen anlegt oder eine neue Plantage beginnt. Überbaut man ein Aktionsplättchen, darf man dieses zu sich nehmen - es bringt entweder Siegpunkte oder eine jederzeit im eigenen Zug einsetzbare Sonderaktion. Alternativ kann man eine oder mehrere Plantagen abernten und Siegpunkte und Geld dafür kassieren. Hier müssen wir ein wenig ins Detail gehen, bringt uns dies doch zu unserer eingangs erwähnten Zwickmühle:
AuslageAuf dem Spielplan liegen mehrere fertig gebaute Fincas, die Bauplätze weiterer Fincas sind bereits ersichtlich. An einem der vier Wegefelder einer Finca kann man eine neue Plantage eröffnen. In diesem Fall muss auf die neu entstandene Plantage ein Arbeiter gesetzt werden. Ist eine solche Finca fertig umbaut (à la Carcassonne-Kloster), so wird sie gewertet. Hierzu vergleicht man die gesamte Felderzahl der eigenen Plantagen, die mit mindestens einem Plättchen an die Finca angrenzen, mit der der Mitspieler, wobei auch diagonal als angrenzend betrachtet wird. Für den ersten und zweiten Platz werden die auf der Finca abgedruckten Siegpunkte vergeben. Hier liegt nun die Klemme: Da Geld knapp ist, müssen wir regelmäßig Plantagen abernten, d.h. Arbeiter von diesen herunternehmen. Problematisch, wenn alle eingesetzten Arbeiter auf Plantagen stehen, die an noch nicht umbaute Fincas angrenzen - also eigentlich dort die Siegpunkte abgreifen sollten. Erschwerend kommt hinzu, dass der Geldbetrag, den man für zurückgeholte Arbeiter erhält, umso höher ist, je mehr Arbeiter man nicht im Spiel hat. Erwähnt werden sollte noch, dass die Auslage der Plantagenplättchen nicht nach jedem Kauf aufgefüllt wird, sondern erst, wenn nur noch drei oder weniger davon übrig sind. Liegen nur noch wenig mehr als drei Teile aus, bringt dies, vor allem in kleiner Runde, die Abwägung mit sich, weniger Teile zu kaufen und somit dem Hintermann kein komplett gefülltes Tableau zu servieren - andererseits entscheidet man in diesem Fall, auf welchem markierten Bauplatz die nächste Finca gebaut wird und kann seine gerade gekauften Plättchen schon dort anlegen...

SpielsituationGroß ist die Entscheidungsnot, denn die beschriebenen Konstellationen sorgen dafür, dass jede Entscheidung taktische Konsequenzen hat und somit gut abgewogen sein will. Die Mitspieler und ihre Möglichkeiten wollen gut beobachtet sein, zugleich darf man aber das eigene Wohl nicht aus den Augen verlieren. Das bringt Pfeffer in ein strukturell eigentlich simples und schnell zu verstehendes Legespiel. Zusätzliche Würze bringt der taktische Kniff, dass jedes der vier Wegefelder einer Finca (auch der noch gar nicht gebauten!) mit einer anderen Plantagensorte bebaut werden muss. Ein wohldurchdacht gelegtes Plättchen kann also die Möglichkeiten der Gegner massiv beschneiden, ein unbedacht gelegtes die eigenen Pläne in Trümmer legen. Leider kann der große Reiz mit jedem zusätzlichen Spieler, der am Tisch Platz nimmt, zum Bumerang werden: Um Citrus gut und erfolgreich zu spielen, muss man seine Entscheidungen gut durchdenken, was zur Folge hat, dass ein Spielzug Zeit in Anspruch nimmt. Schon im Dreipersonenspiel wird die Downtime spürbar, im Vierpersonenspiel macht sie sich dann unangenehm bemerkbar und es kann durchaus fünf Minuten und länger dauern, bis ich nach einem eigenen Zug wieder an der Reihe bin. Mit einem oder mehreren Grüblern am Tisch kann die Spieldauer hierbei 100 Minuten erreichen. Von einer Partie zu fünft habe ich daher abgesehen. Die Zeitangabe auf der Schachtel empfinde ich nach meinen Erfahrungen als zu optimistisch: 50 Minuten steht dort geschrieben - das haben wir mit der Erfahrung von vier bzw. sieben vorhergehenden Partien gerade so im Kurzspiel zu zweit geschafft. 60 - 90 Minuten trifft es eher.

Plantage und FincaDie Erwähnung des Zweipersonenspiels bringt uns zum Fazit, denn hier liegt für meinen Geschmack die Ideallinie für Citrus: Spieldauer und Downtime sind dem Geschehen angemessen und auch die Übersichtlichkeit, die mit steigender Mitspielerzahl ebenfalls leidet, ist gegeben. Kurz gesagt: der oben beschriebene Reiz des Spieles kommt zur vollen Entfaltung. Ausnahmsweise vergebe ich hier mal eine Note, nämlich zu zweit sieben von zehn Punkten und mit jedem weiteren Mitspieler einen Punkt weniger. (fd)

Steckbrief
Citrus
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Jeffrey D. Allers dlp games 2 - 5 Spieler ab 10 Jahre ca. 50 Minuten Klemens Franz