Schaut man sich die in den letzten Jahren erschienenen themenbehafteten, anspruchsvollen guten reinen Zwei-Personen-Spiele an (Cosims schließe ich an dieser Stelle aus), so muss man feststellen, dass der Kosmos-Verlag in diesem Segment eine herausragende Stellung erobert hat. Nach dem Erfolg des Siedler-Kartenspiels wurden beständig ausgezeichnete Spiele nachgeschoben. Um nun diesen Markt nicht ganz Kosmos zu überlassen, hat der Ravensburger Spieleverlag in diesem Jahr, ähnlich wie es Eurogames im letzten Jahr gemacht hat, eine neue Spielereihe unter der Generalüberschrift "funfor2" herausgebracht. Vorerst sind dort drei Spiele in einheitlich 19,5cm x 14cm x 4cm großen Schachteln erschienen, die hier nun vorgestellt werden sollen.
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Crazy Chicken | Baker Street | Richelieu |
110 normal große Hühnerkarten sind das Spielmaterial. Sie zeigen
eine lustige, gelungene Grafik eines berühmten verrückten Huhns,
z.B.
,
und eine Zahl in allen vier Ecken, die angibt, wie oft diese Karte vorkommt.
Billy the Chick ist 20mal vertreten, besagte Marilyn nur sechsmal, insgesamt
gibt es neun Sorten. Zu Beginn erhält jeder drei Karten auf die Hand,
die restlichen verteilen sich auf zwei etwa gleich starke, verdeckte Stapel
in der Mitte. Dazu kommen später noch zwei offene Ablagestapel. Grundablauf
ist, dass man von zwei verschiedenen Stapeln (verdeckt oder offen) eine Karte
zieht und danach wieder eine beliebige der gezogenen oder der auf der Hand
offen ablegt. Dieser Grundablauf wird nur unterbrochen und abgeändert,
wenn man mehrere Karten auslegen kann und will. Aber das ist an Bedingungen
geknüpft:
Im letzten Fall wird die kleinere Anzahl Karten auf einen der Ablagestapel gelegt. Ein Durchgang ist zu Ende, wenn alle neun Hühnerarten oder vor einen Spieler sechs davon ausliegen bzw. nur noch ein verdeckter Aufnahmestapel vorhanden ist. Dann werden die einfachen Werte der Hühnerarten, also z.B 20 bei Billy the Chick gutgeschrieben. Nach vier Durchgängen, einer dauert etwa sieben bis zehn Minuten, gewinnt derjenige mit den meisten Punkten.
Zunächst passiert nicht viel. Man zieht Karten und wirft eine ab. Aber welche? Wenn man mitbekommt, dass der Hühnerdompteur auf der anderen Seite 14er sammelt, sollte man die zurückhalten. Aber eine muss ja weg. Ungern die mit kleinen Zahlen, denn bereits mit drei Marilyn kann man ja eine unangreifbare Auslage erreichen. Also große Zahlen. Nach zehn abgeworfenen Billy the Chick, wird jedoch auch er zu einer kleinen Zahl. Man sollte also schon genau beobachten, welche Karten auf die Ablagestapel wandern. Auslagen mit kleinen Zahlen sind zwar wie angedeutet sicher, bringen aber wenig Punkte. Wenn aber große Zahlen und vor allem in welcher Stückzahl legen? Vier 14er sind keineswegs sicher, aber andererseits bedeutet eine Auslage insbesondere, dass man keine vielleicht wertvolle, andere Karte abwerfen muss. Auch gilt es das Ende einer Runde im Auge zu behalten. Wenn acht Hühnerarten schon ausliegen und man kann dann dem Gegner eine Auslage vernichten und vielleicht selbst noch die neunte Art legen kann, na dann sollte einem guten Punktergebnis nichts im Wege stehen.
CRAZY CHICKEN ist das am wenigsten anspruchsvolle Spiel der Reihe, was auch schon die Altersangabe ab 8 andeutet. Trotz einiger Überlegungen, die man anstellen muss, dominiert doch der einfache Spielablauf und das Glück beim Nachziehen der Karten. Daher eignet sich das Spiel am Besten als Anwärmer oder Absacker eines Spieleabends.(mw)
Steckbrief |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Illustration |
Michael Schacht | Ravensburger | 2 | ab 8 Jahre | 30 - 45 Minuten | Oliver Freudenreich |
BAKER STREET ist ein ..., ja was ist es denn? Ein
Detektivspiel bei dem man sieben Beweise in Form von zusammenhängenden
Buchstaben finden muss? Ein großes Memory, bei dem man sich etliche
Karten merken sollte? Oder ein Bluffspiel, in dem psychologische Grundkenntnisse
gefragt sind? Doch der Reihe nach.
Die hier 100 Karten teilen sich auf in je 30 Detektivkarten (je fünfmal
die Werte 0-5) für die beiden Spürnasen und 40 Beweiskarten (je
zweimal die Buchstaben A-T). Diese werden in fünf Stapeln sternförmig
in die Mitte des Tisches gelegt. Nach und nach werden im Spielverlauf nun
außen an die Beweiskarten die Detektivkarten gelegt, so, dass immer
nur die oberste Karte eines Stapels sichtbar ist. Denn wer an der Reihe ist,
legt eine seiner drei Handkarten an einen Stapel, ergänzt dann seine
Kartenhand wieder auf drei und gibt ein Gebot ab. Ein Gebot?! Ja, und zwar
auf die Gesamtzahl der Werte aller sechs Handkarten. Natürlich muss
das neue Gebot höher als das vorangegangene des Kontrahenten sein. Und
wozu das Ganze? Irgendwann wird jemand die Nerven verlieren und statt seines
normalen Spielzugs das gegebene Gebot anzweifeln. Der Gewinner des Anzweifelns,
z.B. der Bieter bei einer höheren Gesamtzahl, darf nun einen Stapel
bestimmen, in dem ein Beweis gefunden wird. Von wem? Das wird festgestellt,
in dem die Detektivkarten von oben abgehoben werden, die sogenannte Auswertung.
Derjenige mit der höchsten Zahl an Detektivpunkten darf sich dann einen
Beweis heraussuchen. Dies ist also nicht unbedingt der Gewinner des Anzweifelns.
Aber das wird man natürlich zu verhindern suchen.
Dazu muss man sich nur merken, welche Karten in welchem Stapel liegen. Und
wenn die Sache noch etwas verzwickter zu gestalten, haben 18 der 30
Detektivkarten zusätzlich ein Sondersymbol. Zum einen eine Hand. Alle
Karten unterhalb einer solchen werden beim Auswerten nicht mehr mitgezählt.
Eine schöne Möglichkeit also, eine starke 5 des Gegenüber
durch eine 1 mit Hand wertlos zu machen. Zum zweiten eine x2-Karte, womit
alle eigenen Punkte bei der Auswertung verdoppelt werden. Und schließlich
ein Pfeil. Taucht dieser bei der Auswertung auf, wird auch noch der im
Uhrzeigersinn nächste Stapel ausgewertet. Wer war da wohl noch am
Stärksten? Aber bei geschickter Planung lassen sich so natürlich
Kettenzüge erreichen. Dumm nur, wenn man dabei am Stapeln vorbeikommt,
in denen eigentlich nichts Verwertbares liegt. Schließlich hat man
sich das ja gemerkt!?
Die Anfangsfrage lässt sich immer noch nicht klären. Einige sehen in BAKERSTREET vornehmlich ein Bluffspiel, nach dem Motto können diese Augen lügen. Ja, sie können, z.B. mit nur vier Punkten auf der Hand 16 sagen und dann den Gegner auflaufen lassen. Der andere Teil sieht eher die mnemotechnischen Fähigkeiten gefordert. Wer das nicht mag wird an BAKERSTREET kaum Freude haben. Anderenfalls erwartet ihn eine kurzweilige Mischung mindestens zweier bekannter Spielprinzipien.(mw)
Steckbrief |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Illustration |
Marcel-André Casasola Merkle | Ravensburger | 2 | ab 10 Jahre | 15 - 20 Minuten | Marcel-André Casasola Merkle |
Wenn man die Packung zu RICHELIEU öffnet, bekommt man zunächst einen Schreck. Wo ist denn das Spielmaterial? Ah, da ist es ja. 48 Karten, nur halb so groß wie normale Karten sonst und 20 Pappplättchen verlieren, ja verlieren sich in der riesigen Packung. Dass die Karten so klein sein müssen lässt sich leicht erklären. Sie werden in vier Zwölferreihen auf dem Tisch ausgelegt und nehmen auf diese Art relativ viel Platz ein. Aber muss die Packung dann, nur um die Einheitlichkeit zu wahren, so groß sein?
(Anmerkung des Rezensenten: Nach Veröffentlichung der Rezension hat mich der verantwortliche Redakteur bei Ravensburger, Stefan Brück, darauf aufmerksam gemacht, dass mir wohl irrtümlicherweise ein falsches Rezensionsexemplar zugegangen ist. Diesen Irrtum konnte ich leider weder anhand des Pressetextes noch des mir zur Verfügung gestellten Bildmaterials erkennen. Die Verkaufsexemplare von RICHELIEU beinhalten nicht die von mir beschriebenen, normal dicken Karten, sondern gut einen Millimeter dicke Pappkarten. Damit ist meine Ansicht, dass sich das Spielmateriel in der Schachtel verliert nicht mehr haltbar und die Verpackung ist nun angemessen. Zudem haben diese Karten noch einen Vorteil. RICHELIEU ist damit ohne Probleme auch bei leichten Wind auf der Terrasse oder im Schwimmbad spielbar. Man muss keine Angst haben dass die Karten wegfliegen.)
Die Karten,
in neun verschiedenen, gut zu unterscheidenden Farben symbolisieren neun
Provinzen im Frankreich des 17. Jahrhunderts. Die Zahl auf einer Karte gibt
hier einmal nicht an, wie viele Karten dieser Provinz vorhanden sind, sondern
wie viele Wappen. Auf einer Karte ist immer ein Wappen abgebildet, aber es
gibt auch solche mit zwei. Neben dem einzelnen Wappen, kommt in der Regel
noch eines der drei Symbole Kreuz, Turm oder Schwert, die jeweils neun Mal
vorhanden sind, vor, aber es gibt auch Karten mit tatsächlich nur einem
Wappen. Spielziel ist es, mit den aufgenommenen Karten (siehe unten) Mehrheiten
an Wappen in den einzelnen Provinzen bzw. Symbolen zu erzielen und so die
meisten Punkte zu erreichen. Eine Mehrheit bringt so viele Punkte wie der
Mehrheitsführer an Wappen oder Symbolen besitzt, also eine 4:3 Mehrheit
bringt 4:0 Punkte. Sich aber nun auf einige wenige Provinzen zu konzentrieren
wäre falsch, denn ist überhaupt kein Wappen oder Symbol gesammelt
worden, werden fünf Punkte abgezogen. Man muss also bemüht sein,
sich überall zu engagieren. Und wie geht das nun, nachdem jeder drei
Besitzmarker bekommen hat und acht der restlichen Plättchen, die ebenfalls
die Provinzwappen und die Symbole zeigen, verdeckt auf die Karten verteilt
worden sind?
Wer an der Reihe ist, darf ein oder zwei Karten aus der Auslage unter folgenden Einschränkungen nehmen:
Anschließend darf noch einer der drei Besitzmarker auf einer Karte platziert oder umgelegt werden. Damit hat man diese Karte jedoch noch nicht sicher. Denn der Gegner darf gegen Abgabe einer seiner Besitzmarker die Karte dennoch nehmen. Aber es will gut überlegt sein, einen seiner wertvollen Besitzmarker wegzugeben, insbesondere zu Beginn des Spiels. Später fällt es dann leichter und kann sogar wegen der Minuspunkte notwendig werden.
Beim Nehmen
der Karten schielt man natürlich immer auf die Wappen. Klasse, wenn
man eine solche mit zwei Wappen bekommen kann. Aber, zwei Karten einer Provinz
bringen auch zwei Wappen und in der Regel noch zwei Symbole, also ist das
sogar noch besser. Aufgenommene Karten werden nach Provinzen sortiert offen
abgelegt. Dies ist ein Grund, warum man meist nur die Wappen im Auge und
im Sinn hat. Die Symbole beachtet man viel zu wenig, so dass es bei der
Auswertung unliebsame Überraschungen geben kann. Auch muss beim Wegnehmen
bedacht werden, welche Karten dem Gegner zugänglich werden. Eine zwei
Wappen, zwei Symbole-Situation wird er natürlich gerne ausnutzen wollen.
Da hilft dann nur ein platzierter Besitzmarker als Blockade.
Bei RICHELIEU liegen alle Informationen zur Durchführung eines "optimalen" Zuges offen, bis auf eine kleine, nicht unerhebliche Ausnahme, die Plättchen. Karten auf denen Plättchen liegen, sind beim Nehmen sehr begehrt, denn sie bedeuten ja ein zusätzliches Wappen oder Symbol. Und vor allem sie bleiben verdeckt. Daher kann eine 4:3 Mehrheit nicht als sicher angesehen werden. RICHELIEU ist eine Weiterentwicklung des Kardinal und König-Kartenspiels, das ich aber leider nicht kenne. Es ist das Strategiespiel der Serie, hier macht man die Fehler selbst und ist nicht abhängig von nachgezogenen Karten (Crazy Chicken) oder gefundenen Beweisen (Bakerstreet). RICHELIEU hat mir und meinen Testspielern hervorragend gefallen. Aber offensichtlich auch noch anderen. Denn es hat seinen Platz auf der Auswahlliste dieses Jahres absolut verdient. Wenn es nun noch in einer angemessenen Verpackung präsentiert würde, gäbe es nichts mehr auszusetzen.(mw)
Steckbrief |
Autoren | Verlag | Spieler | Alter | Spieldauer | Illustration |
Michael Schacht | Ravensburger | 2 | ab 12Jahre | ca. 45 Minuten | Atelier Wilinski |