Der Dominion-Generator

ein Blick in seine Historie

Dominion wird 10. Der erste Kontakt zu diesem Spiel war die Regel. Ich lese Regeln selten am Bildschirm, diese schon. Ich dachte: „Wow, ein Spiel, bei dem ich die Karten, die ich ziehe, selbst zusammenstelle. Das hat was.“ Knapp ein Jahr später hatte Dominion den Titel „Spiel des Jahres“ und gewann kurz darauf auch den Deutschen Spielepreis.
Es folgte, was heute Normalität ist: Eine Erweiterung. Sie hieß Intrige und konnte auch ohne das bisherige Dominion gespielt werden. Es ging ruckzuck weiter. Seaside brachte zum ersten Mal neue Regeln mit. Nun gab es Karten, die einen Spielzug überlebten und etwas im Folgezug machten. Alles war gut, fast alles, denn eine Sache störte meine Frau, meine Freunde und mich. Für die vielen schönen Königsreichkarten gab es oft genug Aktionen. Dann war es besser, nur anzuhäufen und keine oder nur wenige der tollen Karten zu erwerben. So manche Karte wurde ignoriert, durchaus auch viele. Das war schade, raubte es doch dem Spiel seine Vielfalt. Es wäre schön, wenn viele der zehn ausliegenden Königreichkarte gekauft und gespielt würden. Schon schwirrte mir eine Vorgabe im Kopf: 8 wären okay, 9 sollten es sein, 10 ist Traum.

DominionDas war die Geburtsstunde des Generators. Wir teilten uns die Aufgabe. Meine Frau erstellte die Programme. Ich konzipierte die Datenbank mit ihrer Struktur und den Daten. Die Abfragen waren unsere Schnittstelle. Eine der Grundüberlegungen für den Generator lässt sich leicht an einem Beispiel erklären: Die Schmiede zieht drei Karten. Wenn ich dabei eine Aktionskarte bekomme, aber keine Aktion mehr habe, ist die Karte nicht nur wertlos, sondern verstopft sogar den Platz für eine Geldkarte. Also braucht die Schmiede eine Karte, die Aktionen gibt, zum Beispiel das Dorf oder den Jahrmarkt. Mit ein wenig Überlegung lassen sich weitere solche Abhängigkeiten finden. Sie bilden die Grundlage für die Logik des Generators.

Mit der Fertigstellung der ersten Version gehörte der Zufall der Vergangenheit an. Von nun an waren die Karten für die Auslage aufeinander abgestimmt. Das stimmt nicht ganz so, denn der Generator verbietet erst mal keine Karte. Unpassende Karten haben nur eine deutlich geringere Wahrscheinlichkeit ausgewählt zu werden. Kommen viele solche Karten in die Auswahl, mag es trotz Logik sein, dass die Geldstrategie, also der überwiegende Kauf von Geldkarten, die beste Strategie ist. Apropos Ausschließen: Schon damals gab es zwei unbeliebte Karten, die Hexe und den Saboteur. Damit solche Karten nicht erscheinen können, konnten sie ausgeschlossen werden. Früher erzählten die Charaktere, was der Nutzer machen kann. Die Anleitung für den Ausschluss erzählte ausgerechnet der Saboteur.
Mit jedem neuen Feature musste der Generator angepasst werden. Das nächste war der Trank, damals innovativ, heute fast vergessen. Es kamen das Platin und die Kolonien, und mit ihnen die Blütezeit Dominions. Als nächstes erschien wieder eine kleine Edition: Reiche Ernte. So klein und fein sie ist – ich mag sie, weil sie besonders gern, weil sie vielseitige Decks fördert – für den Generator war sie eine Katastrophe. Eine der neuen Königreichkarten war die junge Hexe. Diese war noch unerfahren im Fluchen und konnte mit einer Karte gebannt werden. Eine ungenutzte Karte mit einem Kaufwert von zwei oder drei Münzen bildete einen Bannstapel. Wir brauchten einen elften Stapel! Der Bannstapel ist bis heute das schlimmste Feature, weil er „überall“ eine Ausnahmesituation darstellt. Gleichzeitig gab es in Reiche Ernte noch Karten, die Sonderkarten erforderten. So gab es für das Turnier Preise, zum Beispiel die märchenhafte Prinzessin. Auch das brachten wir dem Generator bei.

Set aus dem GeneratorEs hieß, Donald (Vaccarino) habe Ideen für acht Erweiterungen. Mit den Gilden sei endgültig Schluss. Als wir die Karten der Gilden in den Generator gepackt hatten und die Erweiterung freigaben, fühlten wir uns befreit. Es war viel Arbeit gewesen, sie hat Spaß gemacht – meistens. Und sie hatte viel Freude bereitet. Mehrere 100.000 Auslagen sind mit dem Generator konstruiert worden. Nun war er fertig – endgültig und für immer. Selbst wenn noch einmal eine Promokarte kommen sollte, im Grunde war er fertig.
Und dann kamen die Abenteuer – und das Empire. Auch bewältigt. Jetzt wird das Basisspiel und die Intrige neu aufgelegt. Dabei werden 14 Karten ausgetauscht. Die neuen Karten kennt der Generator, die Trennung kann er – noch – nicht. Das ist die nächste Herausforderung.

Das 455.555 SetWährend ich die Zeilen schreibe, sind wir in den letzten Zügen, Nocturne online zu bringen. Die Nachtkarten, die in einer eigenen Phase gespielt werden, sind einfach gewesen. Die Erbstücke sind aufwendiger, weil sie Abhängigkeiten darstellen wie wir sie mit dem Turnier der reichen Ernte kennen gelernt haben. Damit sind wir bei der Crux von Nocturne: Abhängigkeiten. Es gibt mehr als dreißig davon und jede muss dem Generator einzeln beigebracht werden. Ein Beispiel: Der Narr hat den Glückstaler als Erbstück (Karte 1). Außerdem bringt er dem Spieler Gaben (Karte 2). Die Gaben wiederum können dem Spieler ein Irrlicht geben (Karte 3). Also müssen, wenn der Narr in der Auslage ist, drei Sonderkarten angezeigt werden. Weil der Narr nur drei Münzen kostet, kann er dazu noch durch den Bannstapel der jungen Hexe – den darf man nie vergessen – ins Spiel kommen. Dann wird er selbst zu einer Sonderkarte, die normal zu kaufen ist. Doch nun, während du dies liest, ist auch das vollbracht.

Noch ein letztes Wort: Damit die konstruierten Decks auch noch angesehen werden können und Decks mit bestimmten Kartenkombinationen spielbar sind, gibt es die Bibliothek. Auch wenn Generator und Bibliothek verwandt sind, ist all das, was wir dem Generator beigebracht haben, auch der Bibliothek beizubringen.
Jetzt aber spielen wir erst einmal Nocturne, allein und in Kombination mit anderen Erweiterungen. Schließlich wollen wir Nocturne und die Ergebnisse aus dem Generator selbst genießen. (wd)