Die Schlösser des König LudwigDie Schlösser des König Ludwig

König Ludwig II. von Bayern ist bis heute ein Mythos, sein Hang zur Romantik und zur Musik Richard Wagners spiegelt sich in den prunkvollen Schlössern wider, die der König in Auftrag gab und die seine Untertanen an seiner geistigen Gesundheit zweifeln ließen. Die Folgen sind bekannt: Kurz nach seiner Absetzung im Jahr 1886 fand der Regent im Starnberger See den Tod, unter ungeklärten Umständen. Grund genug für die US-Amerikaner, diesen Bauherrn der Superlative mit dem fest stehenden Begriff "Mad King" (wie es auch im Titel der englischsprachigen Ausgabe des vorliegenden Spiels steht) zu bezeichnen. Superlative werden auch heute noch im Allgäu gebrochen: Dort ziehen die Ludwig-Schlösser Hohenschwangau und Neuschwanstein jährlich über eine Million Besucher an, das letztgenannte steht wegen seiner Adaption als Disney-Märchenschloss besonders hoch im Kurs. Also war es nur eine Frage der Zeit, bis sich ein US-amerikanischer Spieleautor dieses Themas mit einem Spiel annahm. Jetzt bleibt nur die Frage, inwiefern sich Ted Alspachs "Die Schlösser des König Ludwig" an ihrem Namenspatron orientieren, also ob es von Genie oder Wahnsinn zeugen.

Der ThronsaalAls Bauunternehmer sind wir dem König dabei behilflich, seine monumentalen Träume in die Tat umzusetzen. Mit einem Basiskapital von 15.000 Mark und einer Eingangshalle ist der Anfang bereits gemacht, doch dann werkelt jeder an seinem eigenen Projekt, mit dem er die Wünsche und Vorlieben des Auftraggebers zu erfüllen hofft. Wer dies am Ende am besten bewältigt hat, hat sich den Spielsieg redlich verdient.

In jeder Runde stehen diejenigen Räume zum Kauf auf dem Zentralplan zur Verfügung, die durch das Ziehen von sog. Raumkarten bestimmt werden. Da gibt es u. a. Schlaf-, Wohn- und Speisezimmer, Freizeit-, Wirtschaft- oder Kellerräume im Angebot. Der Startspieler ist "Baumeister" und ordnet zu Rundenbeginn die einzelnen Teile Preisen von 1.000 bis 15.000 Mark zu, d. h., er muss überlegen, welche Zimmer hoch im Kurs stehen. Denn zunächst dürfen die Mitspieler einkaufen und entrichten die jeweilige Summe an den Startspieler, der zum Abschluss auch kaufen darf. Wohl dem, der so geplant hat, dass er nun den erwünschten Raum noch erwerben kann. Fehlt einem das Geld, wird er mit 5.000 Mark aus der Bank entschädigt. Raumplättchen, die in der laufenden Runde nicht gekauft werden, sind weiterhin Verfügungsmasse für den jeweiligen Startspieler und werden zudem mit 1.000 Mark Prämie ausgestattet, um sie attraktiver zu machen. Wenn der Stapel mit den Raumkarten leer ist, endet das Spiel.

Die VenusgrotteDie erworbenen Räume werden sofort im eigenen Schloss eingebaut. Dabei sind einige Bauregeln zu berücksichtigen, so muss mindestens eine Tür an die Tür eines bereits bestehenden Gebäudes grenzen und Verschiedenes mehr. Im Anschluss erhält man sofort Siegpunkte für den Raum, ggf. werden weitere Punkte abgezogen bzw. hinzugezählt, je nachdem, welche Art von Räumen benachbart oder durch Türen direkt mit dem neuen Teil verbunden sind. Wer die Räume des Schlosses ordentlich, d. h. Tür an Tür mit bereits bestehenden Zimmern, fertiggestellt hat, erhält Belohnungen. Grundsätzlich ist es erstrebenswert, sämtliche Türen eines Zimmers mit Türen weiterer Raumplättchen zu verbinden, denn es winken so Boni, u. a. Geld, Extrawertungen, -züge oder Bonuskarten, die am Spielende das Siegpunktkonto erhöhen können.

Die Schlösser von König Ludwig basiert auf einem "Auktions"- und Lege-Mechanismus. Ein zentrales Element ist die Zuteilung der Raumteile zu den Preisklassen, die der Startspieler zu Rundenbeginn vornimmt. Hier muss man genauestens überlegen: Welche Räume brauchen meine Mitspieler, für welche sind sie bereit, viel Geld auszugeben? Welche Zimmer sollen sie nicht bekommen und sind deshalb so teuer anzubieten, dass die anderen sie nicht erwerben können (Geld liegt immer offen aus)? Welches Teil möchte ich als Startspieler gerne haben und an welche Stelle muss ich es platzieren, um es am Ende der Runde dort auch noch vorzufinden und bezahlen zu können? Zu berücksichtigen sind auch die Wünsche des Königs, deren Erfüllung am Spielende zusätzliche Punkte verspricht. So legt er u. a. Wert auf besonders viele Räume einer bestimmten Art oder manchmal sogar auf nicht fertig gestellte Räume.

Bei dem Anbau ("Legen") des neuen Raums sollten die Vorüberlegungen dann in die Praxis umgesetzt werden. Man versucht, die Plättchen so zu legen, dass Räume fertiggestellt werden und man wichtige Belohnungen wie das Geld oder den Extrazug erhält. Wer clever gebaut hat, kann erstaunliche Kettenzüge machen, mehr als einen Raum pro Runde bauen oder ein Zimmer mit hoher Siegpunktzahl hinzufügen.

Ein schönes Schloss für König Ludwig

In unseren Testrunden ist Die Schlösser des König Ludwig gut angekommen. Die Jagd nach den lukrativen Räumen ist spannend. Das Gebäude Schritt für Schritt zu einem interessanten Ganzen zusammenzupuzzeln, erfreut das Auge und sorgt für ein positives Spielgefühl. Hinzu kommt, dass die einzelnen Räume, ihre Namen und ihre grafische Gestaltung sowohl thematisch stimmig als teilweise auch witzig sind. Das Zusammenspiel der einzelnen Räume und die Möglichkeiten durch Belohnungen sprechen die Strategen an. Die Interaktion erstreckt sich vorrangig auf die Konkurrenz am Markt, diese ist für den Spielerfolg allerdings auch essentiell. Einziges Manko ist hier, dass es bei grüblerischen Spielgruppen zu einigen Längen kommen kann, nämlich dann, wenn der Startspieler für jeden einzelnen Raum Vor- und Nachteile der Platzierung durchdenkt. Doch lebt das Spiel erst richtig in Runden zu dritt und zu viert auf, da hier das interaktive Moment für Überraschungen sorgen und zu spannenden Wendungen führen kann. Zu zweit ist das Spielgefühl deutlich konfrontativer, dafür ist eine Partie in weniger als einer Stunde zu absolvieren. Das Solospiel ist vorrangig eine Übungsmöglichkeit, die mit den anderen Besetzungen nicht ganz mithalten kann, da hier sämtliche Räume in einer Runde ausgewechselt werden und so langfristigeres Planen kaum möglich ist.

Das reale VorbildInsgesamt bietet Ted Alspach mit Die Schlösser des König Ludwig viel Spielspaß und verspricht lang andauernden Spielreiz. Das lässt einen auch gnädig darüber hinwegsehen, dass das wahrscheinlich in China produzierte Material etwas muffig riecht und vor dem ersten Gebrauch lüften sollte. Auch die blasse grafische Gestaltung des mehrteiligen Spielplans, der zudem eine unpraktische Siegpunktleiste aufweist, passt nicht ganz zum Prunk Ludwigs. Doch das sind Kleinigkeiten! Als gehobenes Familienspiel bzw. niederschwelliges Vielspielerspiel ist Die Schlösser des König Ludwig vollauf gelungen, auf jeden Fall ist jede negative Form des "Wahnsinns" (s.o.) ausgeschlossen. (thb)

Steckbrief
Die Schlösser des König Ludwig
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Ted Alspach bézier games 1 - 4 Spieler ab 13 Jahre ca. 90 Minuten Keith Curtis