Oltre Mare

Spiele im Mittelmeerraum gibt es viele, Handelsspiele auch. Obwohl beide Kriterien auf Oltre Mare zutreffen, ist es anders. Zunächst erschien es bei Mind the Move in einer sehr kleinen Schachtel. Nun hat Amigo eine Version in einer großen Schachtel erstellt und das Spiel mit großem Spielplan und dreidimensionalen Schiffen ausgestattet.

Motor des Spiels sind die Karten, wie die links abgebildete. Sie enthält zahlreiche Informationen:

  • EdelsteinDas auffälligste sind die Waren, die mit einem Bild dargestellt sind und von denen auch die Hintergrundfarbe abhängt. Zu den Waren gibt es zwei Angaben. Die erste besagt, wie oft es eine Ware im Spiel gibt; die zweite zeigt die Punkte an, die es für die Waren im Warenstapel gibt - zur Wertung später mehr.
  • Bezüglich der Handkarten gibt es ein Limit. Es besagt, wie viele Karten ein Spieler zu Beginn seines Zuges auf der Hand halten darf. Gleichzeitig ist angegeben, wie viele Karten der Spieler während seines Zuges ausspielen muss.
  • Außerdem befinden sich auf den Karten zwei von vier möglichen Symbolen: Ducati, Pirat, Karte und Schiff.
  • Manchmal steht auf der Karte noch ein Städtename.

Zu Beginn des Spiels wird für jeden Spieler eine Karte mit einem Städtenamen per Zufall bestimmt. Diese Karte bildet den Anfang des Frachtstapels. In der auf der Karte genannten Stadt startet das Schiff des Spielers. Sämtliche Städte, in denen kein Schiff startet, erhalten Plättchen mit Sonderfunktionen. Ansonsten beginnen die Spieler das Spiel mit vier Karten auf der Hand sowie 11 Ducati. Ducati ist die Währung bei Oltre Mare, wobei gleichzeitig jeder Ducati bei Spielende einen Siegpunkt wert ist.

Von nun an führen die Spieler im Uhrzeigersinn jeweils ihren Spielzug aus, der aus vier scheinbar einfachen Teilen besteht. Sie sind aber so ineinander verzahnt und haben sogar Auswirkungen auf die nächste Runde, dass jede Aktion gut überlegt sein will.

  • Italien mit zwei SchiffenAls erstes wird das Handkartenlimit überprüft. Es steht auf der obersten Karte des Frachtstapels. Wer mehr hat, muss entsprechend viele Karten von der Hand auf seinen eigenen Piratenstapel, der zu Beginn leer ist, legen.
  • Als zweites darf gehandelt werden, wobei der am Zug befindliche Spieler immer am Handel beteiligt sein muss. Getauscht werden dürfen Karten und Ducati, in welcher Konstellation entscheiden die Spieler. Erlaubt wäre z. B. eine Karte mit Oliven gegen eine Karten mit Honig oder eine Karte Edelsteine gegen eine Karte mit Tuch und 1 Ducati. Der Handelspartner des am Zug befindlichen Spielers bekommt für den Handel ein Prestigeplättchen.
    Der am Zug befindliche Spieler kann zusätzlich noch Karten kaufen. Diese kosten normalerweise drei Ducati. Wer pleite ist bekommt Kredit, muss aber vier Ducati zahlen.
  • Als drittes spielt der Spieler nun so viele Karten aus, wie es die oberste Karte seines Frachtstapels fordert. Er muss vorher dafür gesorgt haben, dass er so viele Karten besitzt. Diese Karten legt er offen vor sich ab und beginnt nun, die Symbole auszuwerten:
    • für Ducati-Symbole gibt es je nach Anzahl 1, 3 oder 6 Ducati,
    • für Piraten-Symbole legt der Spieler je nach Anzahl 1, 3 oder 6 Karten vom Nachziehstapel auf seinen eigenen Piratenstapel,
    • für Karten-Symboel zieht der Spieler je nach Anzahl 1, 3 oder 6 Karten vom Nachziehstapel und nimmt sie auf die Hand
    • für Schiffssymbole zieht der Spieler je nach Anzahl bis zu vier Felder weit auf dem Spielplan. Befindet sich im Zielhafen noch ein Plättchen, nimmt er es, legt es vor sich ab und darf seine Funktion nutzen. Sein vorheriges Symbol verliert seine Wirkung unabhängig davon, ob er ein neues erhält oder nicht.
  • zuletzt legt der Spieler die ausgespielten Karten in beliebiger Reihenfolge auf seinen Frachtstapel. Die oberste Karte wird im nächsten Zug das Handkartenlimit sowie die Anzahl der auszuspielenden Karten bestimmen.

Im Spiel gibt es eine Zwischen- und eine Endwertung. Beiden gemein ist die Auswertung des Frachtstapels und der Prestigeplättchen. Beim Frachtstapel werden direkt aufeinander liegende gleiche Waren gewertet, so erbringt zum Beispiel ein Edelstein genau einen Ducati, ein zweiter erhöht dies auf fünf Ducati. Weitere Edelsteine bringen keinen höheren Ertrag. Es ist aber möglich, nach einer Unterbrechung durch andere Waren wieder erneut Edelsteine in seinem Frachtstapel zu lagern, wofür es wieder Ducati gibt. Die Prestigeplättchen werden nach Mehrheit bewertet. Wer am meisten besitzt, bekommt sechs Ducati, dann gibt es drei und zuletzt einen Ducati. Sowohl gewertete Waren als auch Prestigeplättchen werden nach der Zwischenwertung abgegeben.
Bei Spielende werden zusätzlich zu diesen beiden noch die Hafenplättchen und der Piratenstapel gewertet. Dabei ist die Wertung für die Hafenplättchen identisch mit der Wertung der Prestigeplättchen und beim Piratenstapel bedeutet jede Karte den Verlust eines Ducatis. Wer dann die meisten Ducati besitzt, ist Sieger.

Schiff auf Malta Seit langem gab es kein Handelsspiel mehr, bei dem direkt miteinander gehandelt wurde und das dabei einfachen Regeln folgt. Diese Durststrecke ist nun mit Oltre Mare überwunden. Die Freude über ein gutes Handelsspiel ist nicht ungetrübt, denn Oltre Mare hat seine Tücken. Eine ungleiche Startposition kann manchem Spieler die so hilfreichen Hafenplättchen vorenthalten und wer nur Karten mit hohem Handkartenlimit und niedriger Anzahl auszuspielender Karten erhält, wird nur wenige Karten in seinen Frachtstapel bekommen. Dabei ist gerade das Element des Handelns sehr schön gelöst. Da auch Ducati gehandelt werden können, ist es einem Spieler prinzipiell immer möglich, einen Deal anzubieten. Die Rahmenbedingungen, hier zu allererst das Handkartenlimit, lassen die Wirklichkeit dann anders aussehen. Auch wird ein Spieler, der die richtigen Karten bereits erhandelt hat oder sie glücklich gekauft hat, kaum zu einem Handel bereit sein. Die Bonuswertung über die Prestigeplättchen fördert zwar den Handel, bietet aber nur selten einen Anreiz, in einen gleichwertigen oder gar negativen Deal einzuwilligen. So kommen während der rund anderthalb Stunden Spielzeit immer mal wieder langatmige Phasen für einen Spieler vor. Dies ist das Dilemma von Handelsspielen, denn wer nicht handeln will oder kann, ist am Spielgeschehen zeitweise nicht beteiligt. Es muss sich im Endergebnis nicht einmal niederschlagen; gerade Oltre Mare kann man auch mit wenig Handel erfolgreich bestreiten.

Was mich da schon mehr verwundert hat, sind die Erträge der Oliven. Während alle anderen Erträge schön systematisch von der Kartenanzahl abhängen, ist die Olive klar benachteiligt gegenüber dem Getreide. Es wirkt auf mich, als wären hier die beiden Ertragsleisten vertauscht. Eine solche Unwucht ist gerade in einem Handelsspiel ungünstig, weil es somit schlechtere Karten gibt und eben nicht nur die "falschen".

Alles in allem ist Oltre Mare ein Spiel, dass ich jederzeit bereit bin mitzuspielen. Ich selbst werde aber das Erscheinen auf dem Spieltisch nicht fördern. Das liegt auch an einem anderen Problem von Oltre Mare: Es ist zeitgleich mit Caylus erschienen, das bei ungefähr gleicher Spieldauer wesentlich mehr Beteiligung am Spielgeschehen bietet. (wd)

Steckbrief
Oltre Mare
Autoren Verlag Spieler Alter Spieldauer Gestaltung
Emanuele Ornella Amigo 2 - 5 Spieler ab 12 Jahre ca. 60 Minuten Oliver Freudenreich, Michael Schacht