Gedanken zu Legacy-Spielen

und meine persönliche Schlussfolgerung

Ich habe gerade rund ein Drittel eines Legacy-Spiels hinter mir. Bei The Rise of Queensdale spielen alle Spieler auf das Erreichen eines durchaus unterschiedlichen Spielziels. Es gibt Sieger. Wir hatten nach unserem ersten Spieltag eine längere Diskussion über das Spiel. Mir kamen dabei ein paar allgemeine Gedanken zu Legacy-Spielen.
Bei einem Legacy-Spiel wird ein Großteil des Erreichten von einer Partie in die nächste mitgenommen. Das Spiel wird dann durch neue und modifizierte Regeln verändert. Sie werden erst direkt vor der nächsten Partie bekanntgegeben. Somit konnte im letzten Spiel kein Spieler auf etwaige Vorteile hinarbeiten. Bei einem gewöhnlichen Spiel bedeutet das Ende der Partie, dass alle Fortschritte verschwinden. Wenn ich beobachtet habe, dass ein Bestandteil oder eine Strategie stark ist, kann ich sie im nächsten Spiel ausprobieren. Bei Legacy-Spielen ist dies nicht möglich, weil ich mit den getroffenen Entscheidungen und dem Erreichten weiterspielen muss.

Wenn ein Spieler einen besonders guten Aufbau besitzt, wäre er deutlich erfolgreicher als seine Mitspieler. Diese könnten es nicht mehr ausgleichen, weil getroffene Entscheidungen nicht revidiert werden können. Ohne Eingriffe von außen wäre das Spiel langweilig, weil der Gewinner von vorn herein feststehen würde. Man stelle sich vor, bei Dominion hat ein Spieler in seinen zehn Startkarten ein Gold, ein anderer hingegen einen Fluch.
Die einzige Korrektur kann durch das Spiel selbst erfolgen. Damit zumindest ungefähr gleiche Erfolgschancen bestehen, muss das Spiel regulierend eingreifen. Queensdale gibt hierzu zum Beispiel Siegel an Spieler, die ihr Spielziel nicht erreicht haben, sodass sie ihre Würfelergebnisse dauerhaft verbessern können. Für das Spielgefühl ist meiner Ansicht nach eine solche Korrektur unerlässlich. Anderenfalls besteht erhöhte Gefahr, dass einige Spieler aufgrund von Erfolglosigkeit das Interesse verlieren, die Kampagne fortzuführen.

Wenn es aber immer wieder Korrekturen für die Chancengleichheit gibt, bedeutet das im Umkehrschluss, dass alles Erreichte wenig Einfluss auf den Erfolg im nächsten Spiel hat. Für mich stellt sich hier die Frage, ob dadurch nicht eine gewisse Beliebigkeit entsteht, meine Handlungen nur Einfluss auf den aktuellen Moment haben oder im schlimmsten Fall es sogar der erfolgreiche Weg in der Kampagne ist, erst eine Reihe von Spielen erfolglos zu gestalten, die Kompensationen aus dem Spiel zu bekommen und dann in einer Aufholjagd die Kampagne zu gewinnen.
Mit dieser Überlegung stellt sich mir die Frage nach dem Sinn von konkurrierenden Legacy-Spielen. Bringen die ewigen Veränderungen mehr Spielspaß als die Wiederholung eines gewöhnlichen Spiels, bei dem ich meine Erfahrung für ein besseres Ergebnis einbringen kann? Momentan lautet meine Antwort darauf „Nein!“ Ich werde die Kampagne von Queensdale zu Ende spielen. Wenn meine Meinung am Ende immer noch gilt, ziehe ich für mich die Schlussfolgerung, dass ich lieber die Finger von konkurrierenden Legacy-Spielen lasse.

Anders sähe es für mich mit kooperativen Legacy-Spielen aus. Hier dürfen die Entwicklungen bis zu einem Grade unterschiedlich verlaufen. Es macht wenig, wenn ein Spieler etwas mächtiger ist, weil alle überlegen können, wie das Spiel gewonnen werden kann. Wichtig ist dann, dass ein schwächerer Spieler genügend Einsatzmöglichkeiten für seine Fähigkeiten bekommt. Bei Pandemie ist es auch nicht relevant, ob ich Sanitäter oder Forscherin bin, Hauptsache die Welt wird gerettet. Bis es soweit ist, wird erst einmal aus Queensdale eine blühende Stadt. (wd)