Buch und Spiel - Zwei Welten, die zusammenpassen

Fragte man vor einigen Jahren nach Spielen zu Büchern, so fiel einem sofort Sherlock Holmes Kriminal Cabinet ein, das in Buchform zehn Detektivfälle zum gemeinsamen Rätseln bot. Obwohl es von vielen nicht als Spiel betrachtet wurde, gewann es den Preis Spiel des Jahres 1985. Nach diesem Erfolg blieb der Verlag Franckh-Kosmos, der eigentlich für Fachbücher und Experimentierkästen bekannt war, dem Medium Spiel treu und veröffentlichte weiterhin Spiele, die dann dem "üblichen Gesellschaftsspiel" entsprachen.

Doch später begann man Bücher als Spiele umzusetzen. Dies geschah in vielfacher Form. Das erste Spiel zum Buch., das Spiel "Sofies Welt", ist ein Wissensspiel und wurde ein internationaler Erfolg Auch das Herr der Ringe-Spiel erregte viel Aufsehen, da die Idee des kooperativen Spieles im Erwachsenenbereich fast unbekannt war. Der kleine Prinz ist ein Spiel, bei dem es von kleinem Vorteil ist, das Buch gelesen zu haben, da ein Aufgabentyp eng mit dem kleinen Prinzen zusammenhängt. Aufgabe ist es hier, ein Zitat aus dem Buch richtig fortzusetzen. Hat man sich erst in die Gedankenwelt des kleinen Prinzen begeben, kann man die rihctig Antwort auch oft auch erraten. Im Gegensatz hierzu spielt man im - zum Spiel des Jahres nominierten - "In 80 Tagen um die Welt" den Kampf gegen den Kalender nach. Wer da Buch kennt, unterhält sich gern über die verschiedenen Orte, aber die Kenntnis des Buches bringt keine spieltechnischen Vorteile. Ähnlich ist es bei "Die Säulen der Erde". Es hilft nicht, das Buch gelesen zu haben, aber wer das Buch gelesen hat, kann sich noch mehr auf die Geschichte, die man in diesem Spiel erlebt, einlassen.

Bücher und SpieleDies ist nur ein Teil der Literaturumsetzungen, die im Familien- bzw. Erwachsenenspielbereich erfolgt sind. Auch im Kinderspielbereich gibt es viele Spiele, deren Ursprungsidee in Büchern oder Geschichten liegen. Anfangs waren das oft einfachste Merchandising-Produkte wie Lottos, Dominos, Paarfinden und Ähnliches. In neuerer Zeit werden zum einen Märchen, zum anderen Bücher - oft zu beliebten Buch-Charakteren wie Felix, Laura, Prinzessin Lilifee und vielen anderen- umgesetzt. Den größten Erfolg hatte die Umsetzung von Das kleine Gespenst, das Kinderspiel des Jahres wurde. Bei diesen Spielen werden vor allem diejenigen angesprochen, die das Buch schon kennen.

Mir persönlich gefallen die Spiele zu Büchern sehr gut. Vielen gemeinsam ist, dass sie die Kommunikation und das Miteinander fördern. Beim "Herrn der Ringe" trifft man Absprachen, wie man das Abenteuer angehen kann, oder führt Gespräche über die Karten, welche Gegebenheiten im Buch ihre Grundlage sind. Während "Der kleine Prinz" schwelgt man in Erinnerungen, lernt sich kennen, macht sich vertraut. "Der Dativ ist dem Genitiv sein Tod" fördert das gemeinsame Lachen und Staunen über die deutsche Sprache.
Andere Spiele erzählen eine Geschichte. In "Die Säulen der Erde" baut man an der Kathedrale, und hat genauso zu knobeln wie Jack Builder, der es schafft mit seinen wenigern Ressourcen eine Kathedrale zu bauen. In "In 80 Tagen um die Welt" fährt man gegen den Kalender um die Welt, und im "Der goldene Kompass" erkämpft man sich den Weg zum Polarlicht. Diese Spiele haben eine atmosphärische Dichte ... wie die Bücher

Hier bietet sich ein kleiner Exkurs an, denn auch zu einem anderen Kulturgut, dem Film, wurden schon oft Spiele herausgebracht. Hier lässt sich aber eine viel größere Schnelllebigkeit erkennen. Das Spiel zum Buch "Der Herr der Ringe" hat lange überlebt. Die Spiele zu dem Film "Der Herr der Ringe - die Gefährten" waren schnell wieder aus dem Programm. Der Film verursacht einen Hype, der sehr schnell verfliegt. Bücher hingegen sind langlebiger. Damit hat auch das Spiel eine Chance auf längere Lebensdauer.

Doch auch für die Buchverlage rentiert es sich eine Lizenz für ein Spiel zu geben. Ist das Spiel gut, wird auch das Buch wieder gelesen. Ich selbst habe mir fast alle Bücher zu Spielen, die ich rezensiert habe, gekauft oder die vorhandenen noch einmal gelesen. Dass ich kein Einzelfall bin, wurde mir von vielen anderen bestätigt, unter anderem von Fritz Gruber, dem Pressesprecher von Kosmos. Der Effekt wurde ihm von den Lizenz gebenden Verlagen bestätigt. Für Kosmos selbst war der Effekt gut zu beobachten, da auch die Bücher der erfolgreichen Reihe Sternenschweif aus dem eigenen Verlag stammen. Die Bücher zu Sternenschweif verkauften sich, wenn gerade ein Spiel herauskam, besser.

Für mich bleibt zu hoffen, dass auch weiterhin hochwertige Spiel zu Buchvorlagen entstehen. Zum einen finden hier sicherlich einige Spieler den Weg zum Lesen, zum anderen gewinnt man vielleicht Leseratten für das Hobby Spiel. Diese Wechselwirkung unterstützt den Gedanken, dass das Spiel ein Kulturgut ist. (bd)